espresso Magazin März 2021

18 PEOPLE ESPRESSO: Wie fühlt man sich nach einem solchen Mammutflug, glücklich berauscht oder einfach nur erschöpft? MIKE: Es ist tatsächlich eine Mischung aus beidem. Durch die lange Konzentration ist man nach der Landung wirklich erledigt und braucht erstmal ein paar Minuten für sich, danach überwiegt aber die Freude, dass man seine geplante Aufgabe geschafft hat. ESPRESSO: Was waren die schöns- ten Strecken, die du bisher geflogen bist und welche Strecke würdest du gerne irgendwann einmal fliegen? MIKE: Die landschaftlich schönsten Flüge habe ich 2019 in Namibia gemacht. Dort in mehreren Kilometern Höhe über die Dünen der Kalahari zu fliegen und erst kurz nach Sonnenuntergang zu landen ist atemberaubend! Die Landschaft und die thermischen Bedingungen in Neuseeland will ich auch unbedingt einmal ausprobieren. ESPRESSO: Beschreibe doch mal das Ge- fühl, das du hast, wenn du in deinem kleinen Cockpit leise über die Landschaften gleitest. MIKE: Während des Fliegens muss man viele flugtaktische Entscheidungen treffen, die stark in das Gelingen des Vorhabens eingreifen, deswegen ist man immer voll konzentriert. Aber wenn man sich dann am Abend im Endanflug befindet, fällt die Anspannung ab und zu den Glücksgefühlen mischt sich Zufriedenheit und Unbeschwertheit. Dann hat man auch mehr Zeit, um die Landschaft zu beobachten, die unter einem langsam vorbeizieht. ESPRESSO: Du siehst dieWelt aus einer anderen Perspektive als wir Normalos. Wie verändert einen dieser Blickwinkel? MIKE: Aus der Luft sieht alles friedlich aus und man vergisst schnell die Hektik und die Sorgen des Alltags. Besonders wenn man an einem Sommerabend lautlos über die Land- schaft gleitet und dabei beobachten kann, wie der Mähdrescher das Feld erntet oder der Heißluftballon tief über die Dörfer schwebt. ESPRESSO: Hast du schon einmal gefährliche Situationen während des Segelfliegens erlebt? MIKE: Ja, als ich noch Flugschüler war. Damals flog ich mit ausreichend horizontalem Abstand zu denWolken, als plötzlich das eingebaute Kollisions- warngerät eine Warnmeldung anzeigte, dass sich ein Flugzeug auf Kollisionskurs mit mir befand. Das Unglückliche dabei war, dass das andere Flugzeug aus der Wolke kam und direkt auf mich zuflog. Ich leitete daraufhin ein Ausweichmanöver ein und konnte dadurch den Zusammenstoß verhindern. ÜBE R DEN WO L KEN ESPRESSO: Der Klimawandel ist in vollem Gange. Wie beeinflusst der Klimawandel euch als Piloten? MIKE: Wir als Piloten erleben den Klima- wandel auch. Die Tage im Sommer werden heißer und damit wird auch das Wetter extremer. Durch die heiße Luft entsteht eine starke Thermik, die sich unter gewissen Umständen zu großen Gewittern ausbilden kann. Das muss man als Pilot ständig im Auge behalten und darauf gegebenfalls reagieren. Auch der Beginn der Flugsaison im Frühjahr verschiebt sich immer weiter nach vorne. ESPRESSO: Welche Ziele und Rekorde hast du dir als nächstes vorgenommen? MIKE: Das große Ziel heuer ist die deutsche Juniorenmeisterschaft im August. Da wäre ein Platz auf dem Treppchen schön. Aufgrund meiner guten Flüge aus dem Vorjahr habe ich vom Landesverband Bayern für dieses Jahr auch wieder die Möglichkeit zur Nutzung eines Förderflugzeuges bekommen. Mit demwill ich an die großen Strecken des Vorjahres anknüpfen. Vielleicht entsteht dabei ja auch ein Rekordflug. Mike, vielen Dank für das Gespräch.

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