espresso Magazin März 2021
34 MODE Tradition bei arbeitet sie fast Vollzeit, um sich das Leben in London zu finanzieren. Ihr Ehrgeiz treibt sie an. Nach ihrem Abschluss arbeitet sie in der Produktentwicklung von Fred Perry in London. Nach drei Jahren sucht sie neue Herausforderun- gen und findet sie beim Schuhlabel Aldo, für das sie kurzerhand nach Montreal in Kanada zieht. Als das Unternehmen übernommen wird, kehrt sie nach London zurück, wo sie einen Job bei der Schuh-Designerin Sophie Webster bekommt, die mit ihren extravaganten Kreationen schon immer eine von Ninas Lieblingsdesignerin war. Heimweh calling Nina lebt ihren Traum. Sie reist durch die Welt, lernt inspirierende Menschen kennen. „Man könnte mich überall auf der Welt absetzen, mich würde immer jemand kennen“, scherzt die Weltenbummlerin. Doch gleichzeitig vermisst sie Bayern immer mehr. Jedes Jahr zur Wies‘n- Zeit reist sie in die Heimat. Sie liebt Trachten, sie liebt das Oktoberfest und die gute Laune, die dieses Mega-Volksfest versprüht. Ihre Freunde fragen sie, wann sie denn endlich eigene Trach- tenschuhe machen würde. Die Idee lässt sie nicht mehr los: Wieder daheim bei den Freunden und bei der Familie sein zu können, gleichzeitig ein eigenes Label aufzubauen. 2019 geht dann alles ganz schnell. Sie recherchiert, schreibt einen Business- und Finanzplan, sichert sich die nöti- gen Kredite und schon nach 6 Monaten geht ihr eigener Online-Shop live. Hadscha heißt ihr Label, ihr Baby, ihr ganzer Stolz. Hadschn, das ist das bayerische Wort für Schuh, Weg, schlendern. Ganz simpel, und doch verspielt, heimatverbunden und markant. Als Markenzeichen fungiert die Breze aus Metall, die an keinemHadscha-Schuh fehlen darf. „Die Idee dazu ist mir wahrscheinlich unter der Dusche gekommen“, lacht Nina. „Wie die meisten meiner Ideen.“ Für Hadscha kündigt Nina ihren Job in London und kehrt zurück in die Heimat. Aktuell befindet sie sich wieder in London, um zusammen mit Fotografen und Models vor Ort ihre neue Kollektion zu shooten. Das Netzwerk, das sie sich über die vielen Jahre bei namhaften Labels aufgebaut hat, zahlt sich jetzt aus. Hadscha ist (noch) eine One-Woman-Show. Nina macht alles selber. Vom Design bis zum fertigen Schuh. Beim Fotografieren, bei der Website und anderen technischen Fragen helfen ihre Freunde. Als kleines Dankeschön benennt sie ihre Schuhmodelle nach ihnen: Sarah, Camila, Melanie – 14 Modelle gibt es aktuell zu kaufen. Und es sollen weitere folgen. „Bald kommen Handtaschen und Gummistiefel dazu“, verrät Nina. Auch Kinderschuhe kann sie sich vorstel- len. Nachhaltigkeit spielt für Nina eine wichtige Rolle bei der Schuh-Produktion. „In der Modein- dustrie wird leider ein riesiges Green-Washing betrieben“, sagt Nina enttäuscht. Sie spricht aus Erfahrung. Für ihr eigenes Label möchte sie aber nicht nur so tun als ob. Deshalb lässt sie ausschließlich in Europa produzieren, in Eng- land, Spanien und Portugal. Die Schuhschachteln bestehen zu 100 Prozent aus recycelbaren Ma- terialien – auch wenn das bedeutet, dass man bei regnerischemWetter doppelt aufpassen muss, dass nichts nass wird. Bei ihren Schuhen achtet sie nicht nur auf Quali- tät, sondern auch auf Tragekomfort. Nina orien- tiert sich an den Bedürfnissen der Frauen, an der Nachfrage. Denn sie weiß: „Viele Frauen tragen fast nur noch Sneaker. Wir sind es nicht mehr gewohnt, auf hohen Schuhen zu stehen.“ Aus diesemGrund entwirft sie ausschließlich Schuhe mit Blockabsätzen und mittleren Absatzhöhen. „Welche Frau will schon mit Pfennigabsätzen auf demOktoberfest-Kies gehen?“ Erst wenn Nina ihre Schuhe selbst auf Herz und Nieren getestet und für gut befunden hat, wird die Produktions- maschinerie angeschmissen. It‘s all about the shoe Schuhe haben schon immer eine große Faszinati- on auf Nina ausgeübt. Seit ihrem Footwear-Tech-
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