espresso - August 2021
10 PEOPLE ESPRESSO: Wie blicken Sie heute mit dem nötigen Abstand auf Ihre Zeit als Oberbür- germeister zurück? Würden Sie wieder alles genau so machen oder würden Sie manche Sachen anders angehen? LÖSEL: Sicher gibt es – im Nachhinein – immer die eine oder andere Sache, die man anders machen würde. Jeder Mensch kennt das ja aus seinem eigenen Leben. Nachher ist man immer schlauer. Andere Dinge würde ich aber wieder so machen, vorausgesetzt die gleichen Umstän- de würden herrschen. ESPRESSO: Seit Oktober letzten Jahres sind Sie Direktor für die Koordinierung der KI-For- schung an der Technischen Hochschule in Ingolstadt. Wie ist es dazu gekommen? LÖSEL: Ich habe mich stets für die Arbeitsplät- ze und Unternehmen in Ingolstadt sowie der Mobilität der Zukunft eingesetzt. Ziel war es, auch im nächsten Jahrzehnt noch ein starker Wirtschaftsstandort mit modernen Mobilitäts- formen zu sein. Hierzu gehört die Entwicklung neuer Technologien. Künstliche Intelligenz ist eine solche Technologie. Ein Standort, der sie nicht aufgreift, verliert im Vergleich zu anderen Standorten Arbeitsplätze. Als eine Stelle ausge- schrieben war, habe ich mich daher sehr gefreut, dieses Ansinnen – natürlich in anderer Art – für Ingolstadt auch an der Technischen Hochschule weiter unterstützen zu können. ESPRESSO: Welche Aufgaben dürfen Sie in Ihrem neuen Job übernehmen? LÖSEL: Die THI ist deutschlandweit eine der forschungsstärksten Hochschulen. Sie baut derzeit ihre Kompetenzen insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz weiter aus. Ziel ist es, bis 2025 insgesamt 120Wissenschaft- lerinnen undWissenschaftler in verschiedenen Teildisziplinen der Künstlichen Intelligenz zu schaffen. Damit sollen insbesondere in den Bereichen autonomes Fahren, unbemanntes Fliegen, digitale (Automobil-)Produktion, KI-gestützte Medizintechnik oder Text- und Sprachverstehen Forschungsergebnisse für die Zukunft erarbeitet werden. Bei diesem Aufbau dieser Forschungsfelder wirke ich als Direktor des Institutes mit. ESPRESSO: Welche Entwicklungen im Be- reich der Künstlichen Intelligenz an der THI faszinieren Sie gerade am meisten? LÖSEL: Die Kolleginnen und Kollegen erbringen täglich Höchstleistungen in vielen faszinierenden KI-Disziplinen. Sei es bei der Frage, wie Autos zukünftig autonom fahren, wie autonome Drohnen Unfallanalysen machen und Rettungskräfte unterstützen, wie KI unsere Ärzte bei der Tumor-Früherkennung unterstüt- zen kann oder wie Städte mittels KI nachhal- tiger entwickelt werden können. Sie forschen an der Spracherkennung von Maschinen, die in Zukunft z.B. älteren Menschen helfen soll, ihr Leben besser bewältigen zu können. Oder sie planen hochautomatisierte Produktionsstät- ten von morgen. Alles Spitzenforschung, die Deutschland, Bayern und Ingolstadt in ein paar Jahren dienen wird. beitsplätze in der Region Ingolstadt, aber auch in unserem Land zu sichern – sowohl für unsere Facharbeiter als auch für unsere Akademiker. ESPRESSO: Wie wird sich die Mobilität in Zukunft verändern? LÖSEL: Mobilität wird zu einem jederzeit und an jedemOrt verfügbaren Service werden. Autos und der gesamte Verkehr werden sicherer werden und die Kosten der Mobilität werden sinken. ÖPNV und private Mobilitäts-Angebote werden auf Buchungsplattformen miteinander verschmelzen und als einheitlicher Dienst – mul- timodal – angeboten werden. Unsere Mobilitäts- bedürfnisse werden noch besser gedeckt werden und neue Mobilitätsformen wie z.B. die urban air mobility kommen hinzu. Und alles wird stärker batterieelektrisch, durch synthetische Kraftstoffe oder wasserstoffbasiert angetrieben werden. ESPRESSO: Sie galten auch schon als OB als Digitalisierungs- und KI-Experte in den Reihen der CSU. Haben Sie mit der neuen Stelle Ihren Traumjob gefunden? LÖSEL: Ja, meine neue Tätigkeit macht mir sehr viel Spaß. Und sie wird mit jedem neu hinzukom- menden Kollegen immer interessanter, da sich die Vielfalt der Forschungs- und Entwicklungsmög- lichkeiten erhöht. ESPRESSO: Bleiben Sie nun imWissenschafts- management oder haben Sie Ambitionen, noch einmal ein höheres politisches Amt zu bekleiden? LÖSEL: Ich bleibe selbstverständlich imWissen- schaftsmanagement. Politik mache ich derzeit als Stadtrat und in einzelnen Aufsichtsräten der Stadt. ESPRESSO: Im September ist Bundestagswahl. Welche Worte möchten Sie Herrn Brandl mit auf den Weg geben? LÖSEL: Zunächst wünsche ich ihm viel Erfolg. Reinhard Brandl hat sich stets mit aller Kraft für Ingolstadt und die Region eingesetzt. EinWort ist bei ihm einWort und er hat auch viele persönli- che Erfolge vorzuweisen: Seine Unterstützung für die Arbeitsplätze bei AIRBUS, für viele weitere Zugverbindungen von und nach Ingolstadt, die Taktverdichtungen, die millionenschweren Förderungen aus dem Bundeshaushalt für die Sanierung des Georgianum und vieler anderer historischer Bauten in Ingolstadt sind nur einige Beispiele. Reinhard Brandl hat wahrlich persönli- che Erfolge zum Nutzen der Region vorzuweisen. Herr Lösel, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute für die Zukunft. MEINE NEUE TÄTIGKEIT MACHT MIR SEHR VIEL SPASS “ ESPRESSO: 2018 wurde Ingolstadt zum KI-Mobilitätsknoten der „Hightech Agenda Bayern“ auserkoren. Welche Bedeutung hat das für Ingolstadt? LÖSEL: Ingolstadt konnte durch die Kompe- tenzen der THI immer schon überregional punkten. Der KI-Mobilitätsknoten stärkt die Hochschule abermals. Und er ermöglicht es Ingolstadt, bei den Zukunftstechnologie der Künstlichen Intelligenz ganz vorne mit dabei zu sein. Wenn es gelingt, die Forschungsergebnisse in wirtschaftliche Anwendungen der Unter- nehmen zu überführen, wird es auch gelingen, in 10, 15 Jahren trotz härtester transatlantischer und fernöstlicher Konkurrenz bestbezahlte Ar-
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