espresso - September 2021

40 LEBEN DIE MÖBELRETTERIN Melanie Spornraft macht aus Omas ausrangierten Möbeln stylishe Wohn-Unikate. Im Interview spricht die Pfaffenhofenerin über ihre Upcycling-Werkstatt: PRETTY FUCKED UP SIDE KICK SAM Melanie, seit wann gibt es pretty fucked up schon und wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, alte Möbel aufzuhübschen? Vor vie- len Jahren bin ich aus meiner 2-Zimmer-Wohnung samt vollgestopftem Kellerabteil in ein kleines 1-Zimmer-Apartment gezogen. Das bedeutete Ausmisten. Ich habe die Methode der berühmten japanischen Ordnungsexpertin Marie Kondō an- gewendet und Gegenstände zumHerzen geführt und gespürt, ob ich sie behalten will. Ich habe in Erinnerungen geschwelgt und Steine, Treibholz und Muschelmobiles behalten. Die selbstgestal- teten Kritzel-Kratzel-Tassen meiner Nichten auch. Genauso die unförmige Obstschale, die ich am Junggesellinnenabschied meiner Freundin getöpfert habe. Mir wurde klar, dass nur diese Dinge eine Seele besitzen. EinenWert. Sie haben eine Geschichte, mit ihnen möchte ich mich in meinem Zuhause wohlfühlen und sie gehören zu mir. Die Billig- und Massenware nicht mehr. Diese Dinge auszumisten ist mir nicht schwer gefallen. In dieser Zeit hat es Klick gemacht und ich habe mich völlig dem Upcycling, dem nachhaltigen Le- ben und dem Do-It-Yourself-Gedanken verschrie- ben. Wände und Möbel streichen, das mache ich schon immer oft und gerne, auch für Familie und Freunde. Während dem ersten Corona-Lockdown im Sommer 2020 hatte ich mehr Zeit und habe ein Möbelstück nach dem anderen fertig gemacht. Da war einiges für unser Zuhause dabei, aber auch schon die ersten Auftragsarbeiten. Woher bekommst du die Möbel für deine Arbeiten? Die meisten Möbel sind schon im Besitz meiner Kundschaft. Es sind Erbstücke von den Eltern oder Großeltern, von denen man sich nicht trennen kann. Meine Mission ist es genau diese Stücke wieder modern zu machen, sodass sie in denWohnstil der jetzigen Generation passen. Manchmal blitz-verliebe ich mich auch auf Ebay-Kleinanzeigen, dann muss ich das gute Stück retten und in den Garagen-Fundus holen. Auf welches deiner Upcycling-Projekte bist du besonders stolz? Meine Mama hat als junge Frau ein altes Küchenbuffet von meiner Oma weiterge- reicht bekommen. Damit habe ich als Kind schon Kaufladen gespielt. Vor 5 Jahren habe ich es ihr endlich abschwatzen können und es als Geschirr- schrank verwendet. Für mein Baby habe ich dieses Jahr daraus eine Wickelkommode gemacht. Ein Stück für vier Generationen. Mit welchen Materialien und mit welchen Möbelstücken arbeitest du am liebsten? Ich arbeite am liebsten mit Farbe, sehr gerne mit BASTLERIN Melanie ist 34, promovierte Molekularbiologin, Gründerin eines Handmade-Kreativ- marktes in Freising, hat zwei Hunde und ist imApril zum ersten Mal Mama geworden

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