espresso - September 2021
48 POLITIK meiner Hauptaufgaben, die Region so aufzustellen, dass wir auch in 20 Jahren noch denWohlstand von heute haben. Dazu müssen wir in Ingolstadt neue Arbeitsplätze ansiedeln, denn es werden auch alte Arbeitsplätze verschwinden. Das wird vor allem die Automobilindustrie treffen. Wie wird sich das auf Ingolstadt und die Wirt- schaft vor Ort auswirken? Audi hat ja das Ende des Verbrennungsmotors verkündet. Die Marke wird 2025 ihr letztes Modell mit Verbrennungs- motor vorstellen. Ich halte es für eine sehr riskante Strategie, nur auf Elektromobilität zu setzen. Ich würde mir wünschen, dass wir noch länger techno- logieoffen bleiben - gerade mit Blick auf syntheti- sche Kraftstoffe undWasserstoff. Aber das ist eine Entscheidung des Konzerns. Die Folgen werden sein, dass sich insbesondere die Zulieferer-Industrie in Ingolstadt massiv verändern wird. Es werden viele Arbeitsplätze aus demBereich des Verbren- nungsmotors wegfallen. Gleichzeitig hoffen wir, dass neue Arbeitsplätze beispielsweise imBereich Software entstehen. VWhat entschieden, seine neue Software-Organisation mit dem Schwerpunkt in Ingolstadt auf dem INCampus anzusiedeln. Das ist eine gute Nachricht und ein Erfolg der regionalen Politik. Ohne die Initiative der Stadt und der Hilfe des Freistaats gäbe es heute dieses Gelände nicht. Nun werden nicht alle, die ihre Jobs durch die Neuausrichtung von Audi verlieren, auf dem IN Campus Fuß fassen können. Wir haben im Moment noch eine gute Arbeitsmarktsituation. Der Arbeitsmarkt nimmt frei werdende Arbeitskräfte noch gut auf. Das wird aber nicht dauerhaft der Fall sein. Ingolstadt muss sich neu erfinden. Wir haben in der Vergangenheit schon mehrmalsWechsel durchlaufen. Ursprünglich waren wir ein Raffine- rie-Standort, jetzt sind wir Automobil-Standort, vielleicht werden wir – und das wäre zu hoffen – in Zukunft ein Software-Standort sein. Lassen Sie uns über das Wahlprogramm der CDU/CSU sprechen. Es werden darin viele Versprechungen gemacht – keine Steuererhö- hungen, Steuererleichterungen für Unternehmen, Rentensicherung, Klimaschutz, Entfesselung der Wirtschaft –, obwohl wir durch die Coro- na-Pandemie vor einem gewaltigen Schuldenberg stehen. Wie soll das alles bezahlt werden? Unser Ziel ist es, einWirtschaftswachstum zu entfesseln, um so wieder einen höheren Anteil an Steuern zu gewinnen. Wenn wir das schaffen, gibt es auch wieder finanzielle Spielräume. Wir leben gerade in einer volatilen Zeit. Die Voraussetzung für eine gute Zukunft wäre, dass wir wieder auf denWachstumspfad kommen. Und dass wir so wieder Arbeitsplätze schaffen und damit den Grundstein für weiterenWohlstand und Investi- tionen legen. Reicht es, auf ein Wirtschaftswachstum zu hoffen? Immerhin stehen wir mit der Klimak- rise vor einemweiteren riesigen Kostenberg, den wir noch gar nicht abschätzen können. Ich glaube, dass Steuererhöhungen imErgebnis nicht zu mehr Steuereinnahmen führen werden. Wir müssen stattdessen dafür sorgen, dass die Leute Leistung bringen, dass esWachstum gibt. Wir haben es schon einmal geschafft. 2009 hatten wir auch ein Rekord-Defizit imHaushalt. Da haben wir es geschafft, den Haushalt bis 2013 zu konso- lidieren und von 2013 bis 2019 keine neuen Schul- den mehr zu machen. Wir haben gezeigt, dass wir solide haushalten können. Das war übrigens auch unsere Stärke in der Corona-Pandemie. Nach demMotto „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ haben wir sechs Jahre lang keine Schulden gemacht, wodurch wir in der Pandemie die Kraft hatten, mit Kurzarbeit und Überbrückungshilfen dagegen zu wirken. Mir ist wichtig, dass der Klimaschutz nicht zu einer De-Indus- trialisierung in Deutschland führt “ Reinhard Brandl ist ei- ner von 709 Abgeord- neten, die im Bundestag die Geschicke unseres Landes leiten. Freizeit bleibt da kaum noch: „Bundespolitiker ist kein 9-to-5-Job, sondern ein Leben, auf das man sich einlassen muss“ Foto: Tobias Koch
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