espresso - November 2021
40 KULTUR RUSTICARUM Rustikale Ideen für Weihnachten und wertvolle Produkte mit einer spannenden Geschichte aus den Bereichen: Genuss · Mode · Möbel · Deko findet ihr im RUSTICARUM Manufaktur Store am Münsterplatz. RUSTICARUM ist der Ort für das besondere Shopping Erlebnis in Ingolstadt und im Internet – wir senden euch den Genuss gerne direkt nach Hause. RUSTICARUM · Poppenstraße 1 · Ingolstadt · www.rusticarum.de Foto: Moser/Stapf Am 13.11.21 Event Winterzauber im RUSTICARUM . Probieren Sie unseren leckeren Hopfenglüh- wein Edelglut und er- fahren Sie allerlei über unser heimisches Handwerk. sehr auf den Neubau, weil dafür sehr viel Grundla- genarbeit zu erledigen ist. Es wird eineWerkstatt geben, die ich mit einrichten werde - und ein kleines Depot. Überhaupt finde ich die Fragestel- lungen, die mit einemNeubau zusammenhängen, extrem spannend und herausfordernd. Das in einemTeam gemeinsam zu machen und etwas Neues aufzubauen, ist toll. Was sollten unsere Leser*innen noch über deinen Beruf wissen? Wie groß der wissenschaftliche Aspekt ist. Man sieht uns mitWattestäbchen, mit Pinsel oder eine Vergoldung in einer Kirche festigen. Wir arbeiten allerdings sehr planerisch, ein sehr wichtiger Be- reich dabei ist die präventive Konservierung. Hier imDepot (dort sind wir zum Interview verabredet, Anm.) ist das die Hauptaufgabe. Man muss das Kli- ma messen und kontrollieren und sich überlegen, wie man es verbessern kann. Man kümmert sich um das Schädlingsmonitoring, die richtige Lage- rung, um das Risikomanagement und Notfallplä- ne… Im Studiumwurde uns beigebracht, in einem neuen Depot zuerst an die Decke zu schauen, ob dortWasserleitungen verlaufen. Alles Dinge, an die man nicht denkt. Wir hatten in der Ausbildung zudem sehr viele Inhalte zumThema Gebäude- und Bautechnik. Das hilft nicht nur beimDepot, sondern auch im Museum. Das MKK hat keine Klimaanlage, es ist also wichtig, einmal das große Ganze verstanden zu haben und die Stellschrauben zu kennen, z.B. den Luftaustausch. Ist es gut oder schlecht, wenn ich lüfte?Was passiert, wenn ich lüfte?Wo sam- melt sich Feuchte?Wo ist die kältesteWand? Dafür braucht man eine große Vorausbildung, auch wenn dann die eigentliche Konsequenz etwas Banales ist, wie die Türen zu schließen. Viele haben sicher den Eindruck, das Studium zur Restauratorin ähnelt einer Kunstausbil- dung. In Dresden gibt es einen sehr starken Gemäl- de-Schwerpunkt. Dort muss man reproduzieren können. An der Technischen Uni war das nicht der Fall, da ging es eher umChemie, Bauphysik, prä- ventive Konservierung und Kunsttechnologie - das ist ein ganz anderer Bereich. Es ist uns übrigens verboten, einfach frei zu reproduzieren. In unserer Ethik ist alles, was suggestiv ist, verboten. Die Positionierung der Finger in alten Gemälden hat oft eine sehr ausufernde Bedeutung - wenn Finger fehlen, darf man nicht einfach frei entscheiden und frei rekonstruieren. Das lässt man eher blank, dafür gibt es eine Neutralretusche in einem neutralen Farbton. Aber einfach ohne Vorlage, ohne klare Angabe etwas zu erfinden, ist absolut verboten. Klingt logisch. Klingt logisch, musste man aber auch erstmal in der Charta von Venedig festschreiben. Wir haben einen Code of Ethics, in dem alles steht, was uns erlaubt ist und was nicht. Es ist auch etwas, was uns moderne Restauratoren von der älteren Riege trennt, weil die Restaurierung natürlich eigentlich aus demHandwerk kam. Viele alte Kollegen haben unglaubliche Fähigkeiten, aber der Beruf hat sich einfach insWissenschaftliche weiterentwickelt. In der Zusamenarbeit mit der Kunsthistorik entstehen so auch Probleme. Wenn der Kunst- historiker nicht mehr weiß, ob ein Restaurator 1920 etwas frei erfunden hat, wie kann er es dann interpretieren? Auf der wissenschaftlichen Basis ist das problematisch. So hat sich das in den letzten Jahrzehnten extremweiterentwickelt. Julia, vielen Dank für diesen interessanten Einblick in deine Arbeit. Für ein Werk aus der Stiftung des Künstlers Hartmut Böhm gibt es aktuell eine Leihan- frage aus einem Museum in Soest. Julia Ste- ves schaut dafür zuerst in die Datenbank, wo im Depot das Werk lagert. Anschließend wird eine Sichtung vorgenommen und der Zustand kontrolliert. In einem Zustandspro- tokoll wird alles Wichtige vermerkt, u.U. sogar die Information, wieviel Licht es bei einer Ausstellung abbekommen darf. In die- sem Fall wird z.B. die offene Fuge eingetra- gen (s. rundes Foto). Wenn etwas locker ist, wird nachgefestigt. Verschmutzungen wer- den gereinigt, eine vergilbte Klebung bleibt hingegen. „Ein Werk, das 50 Jahre alt ist, darf auch Alterungsspuren haben“, sagt Julia Steves dazu. Anschließend wird es fachge- recht verpackt und verschickt. Bei Flugrei- sen mit Überseetransport wird übrigens oft ein eigener Kurier mitgeschickt, meist der Restaurator selbst. Ein Wunsch, der Julia Steves bisher noch verwehrt blieb. AB NACH SOEST
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