espresso - November 2021
48 GENUSS Anzeige STERNE im Chalet H err Schagerl, Sie haben Anfang 2020 das Tian verlassen, ein rein vegetarisches Res- taurant. Dachten Sie sich am Ende: „Jetzt will ich wieder mit Fleisch kochen“? Nein, das war nicht der Beweggrund. Wir wollen etwas Neues inMünchen aufmachen. Aufgrund von Corona verzögert es sich allerdings – wie bei allen anderen. Es gab keine Differenzen oder Zweifel an der Philosophie, mir hat es dort super viel Spaß ge- macht und ich habe eineMenge gelernt. ZumTian muss man sagen, dass das die Restaurants von Paul Ivic sind. Er ist dort der Kopf. Für mich ist es Zeit geworden, etwas zu finden, wo ich der Kopf bin. Mit dem Immobilienunternehmer Urs Brunner planen Sie ein Gourmetrestaurant an einer Mün- chener Top-Adresse. Was können Sie verraten? Gibt es schon einen Namen? Den Namen kann ich noch nicht verraten. Vorweg wird es allerdings ein Pop-Up geben, gar nicht so weit weg vom eigentlichen Restaurant. Ein Etepetete-Ladenwird das nicht. Man soll dort neue Sachen ausprobieren können, daher wird es auch oft etwas anderes geben. Man kannmit 25 Euro pro Nase rausgehen oder man kauft sich eine Dose Kaviar zumGericht und zahlt ein paar hundert Euro. Gleiches gilt für dieWeinauswahl. Wir werden für die Connaisseure etwas bieten, aber auch für junges Publikum, das es nicht so dicke in der Tasche hat – v.a. jetzt während Corona. Wir wollen etwas Neues in die Langeweile der Gast- ronomieszene hineinbringen. Das Pop-Up soll im erstenQuartal nächsten Jahres aufmachen – wenn alles gutgeht. Spätestens allerdings imMai. Und das Hauptrestaurant? Das wird direkt in der Maximilianstraße sein. Es wird auf jeden Fall ein Restaurant und eineWein- bar werden – also ein Doppelkonzept. Mehr kann ich noch nicht sagen. Kommen wir nochmal zurück zum Tian. Worin besteht die Herausforderung bei der vegetari- schen Küche? Die größte Herausforderung liegt in derWahrneh- mung der Gesellschaft. Wennman in ein Restaurant geht und 40 Euro für ein Thunfischsteak oder 70 Euro für ein Tomahawk-Steak ausgibt, weiß jeder, dass das ein großes, qualitativ hochwertiges Stück Fleisch ist. Dafür gibt man gerne sein Geld aus. Das Bewusstsein, dass Gemüse imEinkauf zwar vermeintlich günstiger ist, aber mehr Handgriffe zur Zubereitung nötig sind, ist noch nicht vorhanden. BeimThunfischsteak mache ich – zugespitzt gesagt – einen Schnitt und schmeiße es auf den Grill. Wenn ich ein Gericht mit Topinambur koche, muss ich sie erstmal schälen, dannweichkochen, für einen Stampf muss ich sie quetschen, dann Butter rein, ab- schmecken…Das sind so viele Handgriffe, die ewig dauern und wofür ichManpower brauche. ImTian hattenwir einenHauptgang mit Roter Beete. Wir haben amTag 20 kg davon verarbeitet. Das ist eine enorme Menge, die man auch erstmal transportie- ren, garen, kleinschneidenmuss... Die vegetarische Küche ist viel arbeitsintensiver. Man zahlt also das Handwerk. Ja, die Leute wollen dann ja auch nicht nur Rote Beete, die in Salzwasser gekocht ist. Sie wollen einen Rote-Beete-Chip, ein Püree und eine glasierte - sie wollen die Vielfalt. Einen Rote-Beete-Salat kann sich jeder zuhause machen. Manmuss also einen gewissen Aufwand betreiben, umden Preis zu recht- fertigen. Das ist eine schwierige Gratwanderung. Was macht Ihre persönliche Art zu kochen aus? Kräftige und intensive Aromen. Das Schlimmste ist Langeweile. Ich will aus jedemProdukt das Optimum herausholen. Dafür muss man natürlich wissen, wie man das Produkt ambesten zubereitet. Für jedes Produkt gibt es eine Zubereitungsart oder einen Schritt, mit demman das Meiste herausholt. Herr Schagerl, vielen Dank für das Interview. Christian Schagerl hat sich bereits zweimal einen Michelin-Stern erkocht - 2017 im Richard in Berlin, 2019 im Tian in München. Um sich von ihm in den kulinarischen Himmel schicken zu las- sen, reicht aber der kurze Weg nach Gaimersheim. Im Chalet-19 zaubert der Sternekoch in unregelmäßigen Abständen genussvolle Menüs auf Spitzenniveau. Wir haben uns mit Christian Scha- gerl noch ausführlich über viele weitere Themen unterhalten. Das ganze Interview:
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