espresso - Dezember 2021
29 KULTUR 29.3.22 INGOLSTADT // Festsaal www. t ina- turner-story.com 16.4.20 INGOLSTADT // Festsaal TICKETS & INFOS: WWW.COFO.DE Jens, du hast bisher drei Bücher veröffentlicht, zwei davon mit Kurzgeschichten, eines mit Tiergedichten. Was gab den Anlass für deinen Erstroman? Früher oder später kommt man immer an den Punkt, wo man etwas Längeres schreiben will. Bei meinen Ideen weiß ich normalerweise, was eine Kurzgeschichte werden muss oder was bes- ser zu einem Tiergedicht passt. Im Prinzip dachte ich mir aber: So, jetzt schreibe ich einen Roman. Lag es auch an der Corona-Zeit? Oder fing es schon früher an? Es fing sogar sehr viel früher an. Ich habe den Roman vor 20 Jahren geschrieben und dachte damals eigentlich, er wäre fertig. Vor 2 Jahren zog ich ihn dann nochmal raus und habe festgestellt, dass es eher eine Rohfassung ist, man aber etwas daraus machen kann. Daraufhin habe ich ihn mehrmals überarbeitet. Das Klischeebild eines Schriftstellers ist ja: viel Alkohol und viele Zigaretten während des Schreibens. Wie ist es denn bei dir? Als ich zu schreiben anfing, habe ich tatsächlich gedacht, man müsse nächtelang schreiben und dabei so viel Rotwein trinken, wie mit aller Gewalt reinpasst. Dabei kommt aber nichts Gescheites raus. Alkoholisiert arbeiten konnte vielleicht Hemingway… (lacht). Ich habe damals die ganzen Beatniks wie Jack Kerouac und Allen Ginsberg gelesen, es war also schon ein gewisser Einfluss da. Man ist halt jung, aber irgendwann emanzipiert man sich von diesen klischeehaften Vorstellungen. Wie war es denn dann bei deinem Erstroman bzw. bei der Überarbeitung davon? Streng diszipliniert mit Start um 8 Uhr morgens? Nein, Disziplin hab ich so gar nicht (lacht). Ich Zum Inhalt: Friedhelm ist ein Langwei- ler. Ein Held ist er schon gar nicht. Doch dann findet er durch Zu- fall heraus, dass China kurz davor ist, die Weltherr- schaft an sich zu reißen. Da ihm niemand glaubt, macht er sich alleine auf, die Welt zu retten. 183 S., 10 EUR, bp Verlag. | Zum Autor: Eine Guerilla-Lesung (unangemeldete Lesung im öffentlichen Raum) in einem Lebensmittel Dis- counter brachte Jens Rohrer den Beinamen »Che Guevara der Ingolstädter Literaturszene« ein. Am bundesweiten Tag des Vorlesens brachte er dort vor dem Schnapsregal Auszüge aus den Werken berühmter Alkoholiker zu Gehör. Es folgten weite- re Guerilla-Lesungen, u.a. in einer Nordsee-Filiale, wo er den Bogen nach 45 Minuten dann doch ir- gendwann überspannte und gehen musste. Anzeige So, jetzt schreibe ich einen Roman. Alkoholisiert arbeiten konnte vielleicht Hemingway habe fast ein Drittel neu geschrieben und vieles geändert. Das Grundgerüst blieb aber gleich. Feste Schreibzeiten habe ich nicht. Ich setze mich hin, wenn ich Zeit und Lust habe. Es wäre viel- leicht besser, mir feste Schreibzeiten anzugewöh- nen, aber das funktionierte bisher nicht – auch wenn ich es versucht habe. Wenn ich eine Idee für eine Geschichte habe, wird diese erstmal 2-3 Wochen im Kopf hin- und hergerollt, ich notiere Ideen und wenn ich mich dann zum Schreiben hinsetze, ist die Geschichte im Kopf eigentlich schon fertig. Deine Werke zeichnen auch immer das Skurrile aus. Dein Roman startet ja noch relativ harmlos – zumindest wenn man ihn mit dem Ende vergleicht, wo es sogar zu Zeus auf den Olymp geht und auch gegen einen Drachen gekämpft wird. Stand das Grundgerüst schon vor Beginn oder entwickelst du die Geschichte unterm Schreiben und es wird immer skurriler? Es ist eine Mischung. Ich wusste schon von Anfang an ziemlich genau, wo der Roman enden sollte. Auf demWeg sind ein paar Sachen dazu gekommen. Der chinesische Bürgerrechtler etwa kam erst hinzu, als ich an der Stelle angelangt war. Der Kampf mit dem Drachen war hingegen von Anfang an geplant. Gibt es für den Protagonisten Friedhelm ein „Vorbild“ aus der realen Welt oder wolltest du nur einen möglichst großen Kontrast einer Person haben, die vom absoluten Langweiler zum Weltretter wird? Ein reales Vorbild gibt es nicht. Ich wollte einfach einen richtig langweiligen Spießer haben, der die Welt rettet und einen Kontrast zu denWeltret- tern aus dem Kino, die meistens abgebrühte coole Hunde sind – wie die Avengers oder James Irgendwann empanzipiert man sich von klischeehaften Vorstellungen
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