IBU Biathlon Europameisterschaft

14 Biathlon EM 2022 15 Biathlon EM 2022 Aus dem Wald in die Arena Wie aus einer belächelten Randsportart ein Publikumsmagnet in Deutschland wurde I hre Wurzeln hat die Kombination aus Laufen und Schießen im Militärsport. Darum hieß Biathlon (lateinisch „bi“ für „zwei“ und griechisch „athlos“ für „Wettkampf“) 1924 bei den ersten Olympi- schen Winterspielen auch noch „militäri- scher Patrouillenlauf“. Geschossen wurde mit dem Großkalibergewehr, oft irgendwo im Wald auf große Distanz. Nach dem Zweiten Weltkrieg erwärmen sich nur wenige Deutsche für diese Wettkampf- form. Aber Biathlon ist olympisch und so entwickelt sich in den 60er-Jahren zwischen den Skijägern der beiden deutschen Staaten eine Rivalität bis zum Fall der deutschen Mauer. Erster (ost-)deutscher Olympiasieger wird 1980 Frank Ullrich. Vier Jahre später schafft Peter Angerer dieses Kunststück. Der „blon- de Engel“ aus Hammer bei Siegsdorf ist ers- ter Superstar seiner Sportart in der Bundes- republik. Dann rückt Fritz Fischer ins Ram- penlicht. Der Kelheimer holt Bronze in Sara- jevo (1984), Silber in Calgary (1988) und Gold (1992) in Albertville. Seit den 80er- Jahren gewinnen Deutsche regelmäßig Me- daillen. Typen, Gesichter prägen von nun an diesen Sport, der so viele sympathische Hel- den und Heldengeschichten liefert. Biathlon boomt. Spätestens 1985 ist es mit der Ruhe in den Chiemgauer Alpen vorbei. Das WM- Duell Angerer (Silber für die Bundesrepu- blik) gegen Frank-Peter Roetsch (Gold für die DDR) elektrisiert die Massen. 30000 Zu- schauer werden bei dieser WM gezählt. Dann fällt die Mauer. Auch im Biathlon ändert sich einiges. 1992 greifen erstmals bei Olympi- schen Winterspielen Frauen zur Waffe. Petra Behle holt gleich Silber mit der Staffel und ist der erste weibliche Biathlon-Star des wiedervereinigten Landes. 2005 wird mit Uschi Disl erstmals eine Biathletin Sportle- rin des Jahres. Die Kombination aus Erfolgen, Emotionen und immer wiederkehrenden Dramen am Schießstand fesselt die Zuschauer an der Strecke und im Fernsehsessel. Obwohl weni- ge diesen Sport dauerhaft aktiv betreiben, ist Biathlon der beliebteste Wintersport in Deutschland. Im Chiemgau erkennt man früh die Zeichen der Zeit und baut. Bei der WM 1996 schie- ßen die Sportler erstmals nicht mehr im Wald, sondern im Stadion von Ruhpolding. Zehntausende fiebern mit. Am Schießstand kann alles passieren. Oft sind die Deutschen vorn dabei. Die Erfolgsserie hält an. Bei der Heim-WM 2004 holen Ricco Groß und Co. sieben Medaillen für Schwarz-Rot-Gold. 2006 läuft und schießt sich der Allgäuer Mi- chi Greis zu drei olympischen Goldmedail- len. Überragend. Es kommt noch besser. Oder besser gesagt, es kommt Magdalena Neuner und wird zum Popstar ihrer Sportart. Bei ihrem letzten Rennen 2012 feiern 200000 Zuschauer die zwölffache WM- und Doppelolympiasiegerin in der Chiemgau Arena. Es ist der Höhepunkt der deutschen Biathlon-Geschichte. -ran- Magdalena Neuner gewinnt bei der Weltmeisterschaft 2012 – an- gefeuert von 200000 Zuschauern in der Chiemgau Arena - zum Abschluss ihrer grandiosen Laufbahn Staffelgold für Deutsch- land. Foto: Martin Schutt/dpa Biathlon-Nachwuchs rund um den Arber Vereine fördern die jungen Talente im Schüler-, Jugend-, Juniorenbereich im Bayerischen Wald D ie Förderung des Nachwuchses wird bei vielen Vereinen im Bayerwald großgeschrieben, exemplarisch aufgezeigt am WSV Grafenau. Trainer Jürgen Wallner begann mit Biathlon beim WSV Ep- penschlag, dem Verein, aus dem auch Flori- an Graf stammt. Er steigerte sich immer wei- ter, bis er 1990 bei der Juniorenweltmeister- schaft in Sodankylä, Finnland, im Einzel Sil- ber und mit der Staffel Bronze gewann. Seit seiner Trainerausbildung gibt er sein Wissen an seine Schützlinge und Kinder weiter: Sohn Maxi begann im Frühjahr 2020 eben- falls mit einer Trainerlaufbahn Biathlon, nachdem er seine aktive Karriere beendet hatte. „Dieser Sport war schon immer meine Leidenschaft“, begründet Maxi sein Engage- ment für Biathlon. Auch Johannes, der zweite Sohn, ist aktiver Biathlet: „Mir gefällt die Kombination von Anstrengung in der Loipe und absoluter Konzentration am Schießstand. Es gewinnt nicht immer der schnellste Läufer, sondern auch das beste Schießergebnis spielt eine Rolle.“ Tochter Antonia hat das Biathlon- Gen ebenfalls in sich und wird am Stütz- punkt Grafenau von ihrer Mutter Sonja trai- niert, die zusammen mit Trainer Andreas Riedl die Schüler dort betreut. Vater Jürgen lebt sein Trainerdasein: „Neben der sportlichen Leistung sehe ich die soziale Entwicklung. Biathlon ist mein Leben. Eine Gruppe wie diese hatte ich noch nie: der Zu- sammenhalt, die sich entwickelnden Persön- lichkeiten – das ist wunderbar miterleben zu dürfen.“ Er verhalf vielen bereits zum Erfolg: Felix Fuchs, SV Finsterau, wurde dieses Jahr in die NK 2 (höchster Nationalkaderstatus im Ju- gendbereich) berufen. Dieser begann mit dem Langlauf im Alter von vier Jahren. Der Adrenalinjunkie versuchte sich zwar im Ski- springen, doch seine Berufung fand er im Biathlon, wie auch Alex Bauer. Er wuchs durch seinen Bruder David, der aktuell im BSV Kader ist, in die Sportart zusammen mit seinen Eltern hinein, die sich nun bei jedem Wettkampf beim Wachsen in das Team ein- bringen. David sucht im Sport den Wider- spruch zwischen Belastung und absoluter Ruhe, Konzentration. Maxi Hable bestätigt dies: „Hier ist es spannend bis zum Schluss. Beim letzten Schuss kann man alles gewin- nen oder verlieren.“ Seine Schwester Paula ist ebenfalls bei je- dem Training dabei und mit ihr Hanna Hackl. Leonie Riedl und Hackl sind im BSV Kader. Alicia Kurzok wechselte in der letzten Saison vom BSV Langlaufkader zu Biathlon. „Ich schieße gerne“, begründet sie ihren Wechsel dorthin. Neu im Team ist auch Anna Krinninger bei den Junioren, WSV DJK Rastbüchl, die bei den Deutschen Meisterschaften am Arber in diesem Jahr zusammen mit Teamkollegin Vroni Beck antrat. „Ich wollte schon immer Biathlon für mich ausprobieren. Wenn ich es jetzt nicht mache, wann dann?“ Daneben gibt es noch Stützpunkte für die Schüler in Finsterau mit Trainer Thomas Fuchs, am Arber mit Trainer Richard Kollmer, für zwei Jugendliche, am Arber mit Trainer Dmitry Popov, in St. Englmar diesjährig erst- mals mit Trainer Peter Schedlbauer. Diesen Stützpunkt schaffte der sportliche Leiter des Skiverbandes Bayerwald Sepp Schneider mit viel Herzblut und Engagement neu. Insge- samt umfasst der Nachwuchs im Bayerwald aktuell 26 Schüler, 17 Jugendliche, vier Stützpunkte und sechs Trainer. -ham- Sonja und Jürgen Wallner: Sie leben für Langlauf und Biathlon und sind aus der Szene nicht mehr wegzudenken. Auch ihre drei Kinder sind alle aktiv im Biathlonsport: als Trainer und Bi- athleten. Fotos: Marika Hartl Schülerstützpunkt Arber mit sportlichem Leiter Sepp Schneider und Trainer Richard Kollmer: Immer wieder wächst diese Gruppe um ein paar Neulinge an, die die volle Unterstützung von Trainer Kollmer und den Eltern bekommen.

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