Perspektiven
14 PERSPEKTIVEN Sie haben sicher eine glänzende Zukunft: Vergolder-Azubis Ein seltenes Handwerk mit viel Fingerspitzengefühl und Tradition – 100-jähriger Ausbildungsbetrieb in Bogen Seit 100 Jahren gibt es die Bilderleis- ten- und Rahmenfabrik Mittermeier in Bogen. Noch heute arbeiten die Vergol- der-Azubis hier mit uralten Techniken, Eichhörnchenhaar und hauchdünnem Edelmetall. Lena Dangel greift in einen groben Stoffsack und füllt ihre Hand mit kara- mellfarbenen Körnchen. „Das“, sagt sie, „ist Hasenleim aus Hasenhäuten.“ Die 19-jährige Vergolder-Azubine aus Met- ten zeigt, wie die Körnchen in einem Kessel mit Wasser vermischt und erhitzt werden, sodass daraus flüssiger Leim entsteht – der anschließend im Nach- barkessel mit verschiedenen Kreidesor- ten zu einer Grundierung vermengt wird. Leim aus Hasenhäuten, Fischen oder Knochen Vergolder, erklärt ihr Chef und Ausbilder Andreas Mittermeier, arbeiten nämlich nicht die ganze Zeit mit Edelmetallen. Um einen Bilderrahmen zu vergolden, ist viel Vorarbeit nötig. Auf die Rahmen und Leisten aus Vollholz, die von Schrei- nern in der Halle nebenan gefertigt wer- den, spritzen oder pinseln Lena Dangel und ihre Azubi-Kollegin Anastasia Kra- marenko (20) die Grundierung auf. Da- mit keine Unebenheiten entstehen, wird anschließend alles fein abgeschliffen. Engel, Heilige, Kreuze, Fresken – hier gibt es viel zu restaurieren. Kramarenko, deren Vater orthodoxer Priester ist, möchte nach der Ausbildung gerne ne- benbei historische Kunstwerke aus bul- garischen Kirchen neu vergolden. Zuvor könnte sie noch ihren Meister ma- chen, aber „das muss man bezahlen“, sagt sie. Eine Figur müsse man vergol- den, die selbst teuer sei und dazu dann das Gold bezahlen– das ist ihr zumin- dest momentan noch zu viel. Neuer Azubi für seltene Ausbildung gesucht Das Einstiegsgehalt liegt bei Vergoldern bei 1800 bis 2300 Euro. Noch sind die beiden jungen Frauen nicht so weit. Knapp 700 Euro verdienen sie im zwei- ten Lehrjahr, im dritten dürfen sie mit knapp 800 Euro rechnen – und mit ei- nem neuen Kollegen. Denn Firma Mitter- meier sucht für 2022 einen neuen Ver- golder-Azubi. Was der- oder diejenige mitbringen muss? „Freude am kunst- handwerklichen Gestalten und Spaß am filigranen Arbeiten“, sagt Andreas Mit- termeier. „Das ist ein Talentberuf – der Schulabschluss ist nicht so wichtig.“ Ulrike Kühne i Weitere Informationen: www.mittermeier-rahmen.de in Bimsmehl getauchter Lappen wird so lange über die Kanten des Rahmens ge- rieben, bis an manchen Stellen die Ton- farbe wieder durchscheint. Mit kleinen Farbsprengseln wird selbst „der Fliegen- schiss imitiert“, sagt Mittermeier la- chend. Materialkunde und Kunstgeschichte Manchmal fertigt die Firma auch Kopien historischer Rahmen an – zum Beispiel für Museen oder Kirchen. Deshalb müs- sen Vergolder sich in Kunstgeschichte auskennen, wissen, welche Stile, Orna- mente und Materialien in welcher Epo- che verwendet wurden. Solche Dinge lernen die beiden Azubi- nen in der Berufsschule in München, die sie im Blockunterricht besuchen. Es ist die einzige Schule für Vergolder in Deutschland, dennoch sind im Jahrgang der beiden Mittermeier-Azubis nur drei Schüler. „Wir stellen in dem Jahrgang also zwei Drittel des Vergolder-Nach- wuchses im ganzen Land“, sagt Mitter- meier. Damit die Klassen nicht zu klein sind, werden die Vergolder zusammen mit Kirchenmalern und Wachsziehern unterrichtet. Bei Firma Mittermeier wer- den ausschließlich Rahmen und Leisten vergoldet, aber Kirchen sind ein weite- res typisches Arbeitsfeld für Vergolder. Pinsel am Unterarm entlang. „Da habe ich Labello“, erklärt sie. Der Pinsel soll etwas Hautfett aufnehmen, damit das Silber besser daran haftet. Traditionell streichen Vergolder mit dem Pinsel aus Eichhörnchenschweifhaar über ihre Wange. „Aber meine Gesichtshaut ist zu trocken“, sagt die Bogenerin. Vorsichtig hebt sie mit dem Pinsel die Silberfolie an, legt sie auf dem Rahmen ab und drückt sie sanft an. Streifen für Streifen wird so das Metall auf den Rah- men übertragen, bis er überall glänzt. Lena Dangel zeigt, wie das Edelmetall anschließend mit einem Achat, einem Halbedelstein, poliert wird. Und dann ist der Rahmen fertig? Viel Mühe, damit der Rahmen „echt alt“ aussieht Nein. Abgesehen davon, dass manchmal noch Verzierungen und Ornamente ge- fragt sind, soll der Rahmen gar nicht neu und perfekt glänzend aussehen. Die Kunden wollen, dass ihr nagelneuer Rahmen möglichst historisch aussieht, erklärt Mittermeier. Also investieren er und seine 35 Mitarbeiter mehr Zeit, um Rahmen alt aussehen zu lassen, als um sie herzustellen. Mit Pinsel, Schwamm oder Watte wird Farbpuder mit Terpentin auf dem Metall verteilt. Ein mit Spiritus getränkter und In der Vergolderei pinselt Dangel rote Polimentur auf die Innen- und Außen- kante eines Rahmens, eine eisenoxyd- haltige Tonerde, „die in der Lage ist, das Blattgold festzuhalten“, erklärt Andreas Mittermeier. Ein Silberstreif segelt durch die Luft Wie das Edelmetall auf den Rahmen kommt, darf Anastasia Kramarenko zei- gen, die ebenfalls im zweiten Lehrjahr ist. Sie entscheidet, für die Vorführung statt Gold lieber Silber aufzutragen, weil das im Einkauf billiger ist. Von einem dünnen Papier zieht sie mit einem Mes- ser hauchdünnes Blattsilber herunter und schneidet nach Augenmaß einen Streifen davon ab. Ihr Chef läuft vorbei. Der Luftzug seines Körpers lässt den Silberstreif vom Ar- beitstisch wehen und zu Boden segeln. „So geht des, jetzt is’ scho kaputt“, sagt der achselzuckend. Blattgold oder -sil- ber sei extrem dünn, nur „Tausendstel von Millimetern“. Sogar vorsichtig at- men müssen die Azubis, damit das kost- bare Material nicht davonfliegt. Kramarenko schneidet einen neuen streifen Silber zurecht und trägt die „Netze“, eine Mischung aus Spiritus und Wasser, auf ein Stückchen Rahmen auf. Dann streicht sie sich mit einem breiten ... und streicht es auf den Rahmen. Fotos: Ulrike Kühne Lena Dangel trägt Polimentur auf. Anastasia Kramarenko schneidet das Blattsilber... Trocknungstechnik STARTE DURCH MIT STELA www.stela.de Laxhuberplatz 1 84323 Massing AUSBILDUNG BEI STELA - Dein Start in die Karriere AUSBILDUNG BEI GRUBER. DER POWERRIEGEL FÜR DEINE KARRIERE. 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