Landshuter Stadtmagazin

Wenn ich mich daran erinnere, läuft immer der selbe Film in meinem Kopf ab: Es ist Os- tersonntag nachmittags, ich bin ungefähr fünf Jahre alt. Wir sind in einem noch nicht sehr be- laubten Wald zum Ostereiersuchen, das vom Kolpingverein meiner Eltern ausgerichtet wird. Ich laufe wie die anderen Kinder herum und suche hinter jedem Baum, unter jedem Blät- terhaufen nach Eiern oder Schokoladenhasen, oder was auch immer für uns versteckt wurde. Plötzlich sehe ich da etwas Braunes hüpfen, ein eher mageres Etwas, das panisch Haken schla- gend in großen Sprüngen durchs Gestrüpp jagt. „Der Osterhase!“, schreie ich, und alle drehen sich zu mir um. Für mich ist klar, das Tier hat sich nach getaner Arbeit nicht mehr schnell genug vom Acker machen können, bevor die Schar der Nest-Sucher auftauchte. Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich bis heute an den damals erbrachten Beweis des Os- terhasens glaube. Aber der Zufall hat sich doch soweit in mir verankert, dass ich meine Kinder zwang, bis zu ihrem Auszug in Haus und Garten nach Osternestern zu suchen, ohne je zuzu- geben, dass es meine diskrete Wenigkeit war, die sie versteckt hatte. Eier ausblasen und bemalen oder färben, am Osterfeuer die Nacht der Auferstehung erleben, Nester suchen – so ist das bei uns in Bayern. Und wie läuft es in anderen Teilen Europas ab? Hier ein paar der witzigsten Gepflogenheiten. Irland Im erzkatholischen Irland wird 40 Tage vor Os- tern streng gefastet. Der Verzehr von Fleisch ist tabu, nur wenn man Glück hat, kommt ab und zu ein magerer Hering auf den Teller. Dar- unter leiden natürlich alle Fleisch-Liebhaber, am meisten aber die Metzger, die zur Fastenzeit in der Kasse nur Ebbe verzeichnen. Sie sind es denn auch, die am Ostersonntag das traditionelle Heringsbegräbnis organisieren: Die Fastenzeit ist vorbei und der Fisch wird buchstäblich zu Grabe getragen. Tschechien Der Ostersonntag ist in Tschechien noch ganz friedlich: Ostereier kunstvoll zu verzieren ist hier genauso üblich wie bei uns und gutem Essen ge- genüber ist man auch nicht abgeneigt. Allerdings werden an diesem Tag von jungen Männern Wei- denruten mit bunten Bändern geflochten, der so- genannten Pomlázka. Die braucht man nämlich für den Ostermontag, wo es dann wild hergeht. Die jungen Männer klingeln mit diesen Ruten be- waffnet an den Türen junger Frauen, und wenn sie öffnen, werden sie durch Haus und Garten gejagt. Dabei versuchen sie, die Gejagten mit der Weiden- rute auf Rücken und Beine zu schlagen – selbst- verständlich nur sanft. Was das bedeuten soll? Die Damen versprechen sich davon, im nächsten Jahr ihre Jugend und Schönheit bewahren zu können. Dafür wird den Schlägern sogar zum Dank ein Ei oder auch ein Schnäpschen verabreicht. Osterbräuche aus Europa von Petra Scheiblich 10 | Osterbräuche Fotos: © Adobe Stock / Fotomay, simpleblocks, yurchello108

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