50 Jahre Landkreis Straubing-Bogen

2 50 Jahre Landkreis Straubing-Bogen „Lebenswert und liebenswert“ Landrat Josef Laumer über die Landkreisreform und die Entwicklung des Landkreises Straubing-Bogen Rückblickend ist man immer schlauer, so heißt es. Das betrifft natürlich auch die Landkreisreform. Vor 50 Jahren wurde aus den drei Landkreisen Straubing, Bogen und Mallersdorf der Landkreis Straubing-Bogen erschaffen. Grund genug, den jetzigen Landrat Josef Laumer die Landkreisreform rückblickend einordnen zu lassen. Außerdem: Wie steht der Landkreis derzeit da und wohin könnte er sich entwickeln? Herr Landrat Laumer, welche Idee steckte hinter der Landkreisreform vor 50 Jahren und war diese wirklich notwendig? Josef Laumer : Die Landkreisreform mit der Zusammenlegung der Landkreise ist in Bayern anfangs nicht überall gut angekommen. Auf der einen Seite sind Gebiete ganz weggekommen, es wurden ursprünglich eigenständige Gemeinden aber auch zusammengelegt. Somit haben sich stellenweise vollständig neue Einheiten gebildet. Ich finde aber, dass sich die Ablehnung von damals inzwischen gelegt hat. Interessant ist die durch die Gebietsreform initiierte Entwicklung aber allemal. Früher war beispielsweise die Donau eine klare Grenze. Das sieht heute aber kaum noch jemand so. Der Landkreis ist tatsächlich zusammengewachsen. Die Zusammengehörigkeit des Landkreises Straubing-Bogen wurde jahrzehntelang durch das Autokennzeichen „SR“ dokumentiert. Nun aber gibt es auch wieder die alten Kennzeichen MAL und BOG. Laumer : Ich gebe es gerne zu, ich war kein Freund der Wiederbelebung der alten Kennzeichen. Die Nachfrage aber war sehr groß. Inzwischen fahren wieder etwa 4800 Altkennzeichen durch unseren Landkreis. Ich habe übrigens alle drei Kennzeichen. Das eine am Auto, das andere am Autoanhänger und das Dritte am Motorrad. Eine Zusammenlegung ist oftmals von Vorteil, aber wurde mit dem Flächenlandkreis StraubingBogen nicht ein zu großer Landkreis geschaffen? Laumer : Unser Landkreis umfasst 1202 Quadratkilometer in der Fläche. Im Jahr 1975 hatten wir rund 78000 Einwohner, im vergangenen September lagen wir laut Bayerischem Landesamt für Statistik bei 102318 Einwohner. Das hat die Umrechnung der Inzidenzen während Corona für uns stark vereinfacht. Und ganz ehrlich, eigentlich haben wir unter unseren 37 Gemeinden immer noch sehr kleine Kommunen. Der Landkreis Dingolfing-Landau hat im Vergleich dazu nur noch 15 Gemeinden. Große Einheiten bergen sicherlich auch Chancen, oder? Laumer : Große Einheiten arbeiten effizienter, da Doppelverwaltungen vermieden werden können. Nicht umsonst haben sich im Landkreis inzwischen mit den drei ILEs (ILE 23Nord, ILE Gäuboden, ILE Laber) größere Einheiten gebildet. So legt beispielsweise die ILE Gäuboden Ämter, wie das Standesamt, zusammen. Zum einen ist es nicht wichtig, wo man sich für die Hochzeit anmeldet, zum anderen muss bei der Vielzahl der Vorschriften beispielsweise bei Ehen verschiedener Staatsangehöriger nicht jeder Standesbeamte in jeder Gemeinde in die Thematik eingearbeitet sein. Nicht zuletzt wirken sich auch Synergieeffekte positiv aus. Sind die drei völlig unterschiedlichen Regionen „Wald“, „Gäuboden“ und „Donau“ nicht eher trennend als verbindend? Laumer : Nein, gerade diese Vielfalt macht unseren Landkreis besonders schön und abwechslungsreich und birgt zudem auch große Vorteile. Dass unser Landkreis auch bei anderen gut ankommt, zeigt sich darin, dass viele Straubinger und weitere Tagesausflügler ihre Freizeit im Landkreis verbringen. Unser Landkreis boomt. Dank konstanter politischer Vorgaben hat er kaum Schulden, die Einwohnerzahlen steigen. Kann und soll das so weitergehn? Laumer : Das haben wir der vorausschauenden Politik zu verdanken. Wir haben stets darauf geachtet, Schulden abzubauen. Momentan hat der Landkreis nur 3,5 Millionen Euro Schulden, wegen hoher Investitionen in den Hoch- und den Tiefbau aber werden sich diese bis Ende 2022 auf 6,5 Millionen erhöhen. Investitionen beispielsweise in die Kreiskrankenhäuser und den Berufsschulverband sind dringend notwendig. Der Blick auf die Schulden anderer Landkreise und Städte zeigt, dass unser Landkreis auch dann noch sehr gut dasteht. Die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum ist wichtig, dennoch werden die roten Zahlen, die beide Kreiskrankenhäuser schreiben, heftig diskutiert. Wie geht es hier weiter? Laumer : Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die kleinen Kreiskrankenhäuser für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unverzichtbar sind. Wir haben unsere Bogener Klinik, die übrigens hervorragend ausgestattet ist, in der Pandemie als Covidkrankenhaus zur Verfügung gestellt. Leider wurden nicht sämtliche Aufwendungen dafür ersetzt. Beide Kliniken wollen wir zukunftsfähig aufstellen. Die Klinik Mallersdorf ist bedarfsnotwendig, weil die umliegende Krankenhäuser entsprechend weit entfernt sind. Klar aber ist, dass wir beide Krankenhäuser brauchen. Und der Klimawandel? Laumer : Wir suchen schon seit längerem einen Klimaschutzmanager. Bisher leider erfolglos. Aber wir werden nicht aufgeben und weitersuchen. Aufregerthema ÖPNV? Laumer : Natürlich hat ein Flächenlandkreis mehr Probleme mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als beispielsweise eine Großstadt. Hinzu kommt, dass man einen ÖPNV immer verbessern kann. Wir tun zwar viel für den Landkreis, siehe RVV, Sammeltaxti, Tourismuslinie Sankt Englmar, aber am Land ist und bleibt es einfach schwierig. Nehmen Sie nur mal den BoNi-Bus für Auszubildende in Bogen und Niederwinkling. Der ist gut gedacht, aber bisher leider keine Erfolgsgeschichte. Beim ÖPNV braucht man einfach einen langen Atem. Es wird aber auch nicht gelingen können, jedes Haus auf dem flachen Land an eine Haltestelle anbinden zu können. Was wäre wichtig, um die Lebensqualität bei uns zu erhalten? Laumer : Manche Regionen entwickeln sich sprunghaft. Das ist oft nicht gesund. Ich wünsche mir für unseren Landkreis ein langsames, gesundes Wachstum. Und dass sich alle neu Zugezogenen auch bei den Vereinen vor Ort engagieren. Nun noch ein Blick in die Zukunft. Wohin wird/soll sich unser Landkreis die nächsten 50 Jahre entwickeln? Laumer : Unser Landkreis soll so schön bleiben wie er ist, er soll sicher bleiben und es soll friedlich bleiben. Wir haben einen der sichersten Landkreise in Deutschland. Außerdem soll die Versorgungssicherheit erhalten bleiben. Lebens- und liebenswert, Tradition und Zukunft. Zusammen mit der Stadt Straubing als Region der Nachwachsenden Rohstoffe und mit den dortigen Wissenschaftseinrichtungen sowie mit dem prosperierenden Hafen sind wir im Bereich der zukunftsträchtigen Bioökonomie sehr gut aufgestellt. Freuen Sie sich auf die Feierlichkeiten? Laumer : Ich freue mich richtig drauf. 50 ist so eine schöne Zahl. AmMittwoch, 29. Juni, haben wir in Mallersdorf-Pfaffenberg den Festakt mit etwa 250 Gästen und der Festrede von Innenminister Joachim Herrmann mit Podiumsdiskussion. Am Samstag, 23. Juli, organisieren wir eine Feier für alle Mitarbeiter mit Familien. Leider konnten wir auf die Schnelle keinen Tag der offenen Tür organisieren. Wegen der Coronapandemie waren die Hygieneanforderungen lange Zeit nicht bekannt. Wir holen den Tag der offenen Tür aber in zwei Jahren nach, wenn der Anbau an das Landratsamt fertiggestellt ist. Interview: Uschi Ach Freut sich „richtig drüber“, dass der Landkreis Straubing-Bogen sein 50-jähriges Bestehen feiern kann: Landrat Josef Laumer. Foto: Uschi Ach „Ich habe alle drei Kennzeichen“ „Mit der Stadt Straubing sind wir gut aufgestellt“ Was ist weg, was kam dazu? Gebietsreform tritt 1972 in Kraft: die Landkreise Mallersdorf und Bogen lösen sich auf Vor 50 Jahren – am 1. Juli 1972 – ist sie in Kraft getreten, die „Verordnung zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte“. Von 143 bayerischen Landkreisen blieben nach dieser Reform noch 71 übrig. Auch der Landkreis Straubing-Bogen entstand im Zuge dieser Gebietsreform und wurde im Umfang am 1. Mai 1978 nochmals geringfügig verändert. Vor allem aber bedeutete die Reform das Ende der ehemaligen Landkreise Bogen und Mallersdorf. Der neue Landkreis StraubingBogen wurde aus folgenden Gebieten gebildet: •Aus dem Landkreis Straubing ohne die Gemeinden Hornstorf, Alburg, Ittling, Kagers und Unterzeitldorn (25084 Einwohner) •Aus dem ehemaligen Kreis Bogen ohne Bernried (36940 Einwohner) •Aus der Hälfte des ehemaligen Kreises Mallersdorf entlang der Kleinen Laber mit den Gemeinden Allkofen, Eitting, Geiselhöring, Grafentraubach, Graßlfing, Greißing, Haader, Hadersbach, Haindling, Hainsbach, Hirschling, Hofkirchen, Laberweinting, Mallersdorf, Niederlindhart, Oberhaselbach, Pfaffenberg, Sallach, Upfkofen, Wallkofen und Weichs (14853 Einwohner) •Aus dem Landkreis Regensburg wurden die Gemeinden Höhenberg, Niederachdorf, Obermiethnach, Pillnach, Pondorf, Teile des Waxenberger Forstes und Zinzendorf von der Stadt Wörth eingegliedert (1324 Einwohner) •Vom ehemaligen Landkreis Kötzting kamen Teile der ehemaligen Gemeinde Grub dazu (165 Einwohner) •Eingegliedert wurden auch aus dem Landkreis Cham Teile der Gemeinde Rettenbach, aus dem Landkreis Dingolfing-Landau die ehemalige Gemeinde Großenpinning und ein Teil der Gemeinde Mengkofen sowie aus der Stadt Straubing der Gemeindeteil Rohrhof. Behörden ziehen um Vor der Landkreisreform gab es im Gebiet des jetzigen Landkreises Straubing-Bogen 15 Behörden. So existierten je ein Landratsamt in Mallersdorf und in Bogen. Es gab zwei Landwirtschaftsämter in Mitterfels und in Bogen, zwei Gesundheitsämter in Bogen und in Mallersdorf, zwei Landpolizeiinspektionen in Bogen und Mallersdorf, drei Amtsgerichte in Bogen, Mallersdorf und Mitterfels, zwei Veterinärräte in Bogen und Pfaffenberg, ein Finanzamt in Mallersdorf und ein Forstamt in Mitterfels. Nach der Reform zogen die Ämter in die Stadt Straubing um. Nur das Forstamt konnte sich noch Jahre nach der Reform in Mitterfels halten. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 wurde das Forstamt jedoch mit dem Amt für Landwirtschaft und Forsten in Straubing fusioniert. Damit verlor Mitterfels – jahrhundertelang Verwaltungsmittelpunkt eines Gebietes von Falkenstein bis kurz vor Deggendorf – seine letzte staatliche Behörde. Kampf ums Revier Wie bei fast jeder Reform üblich, verlief auch die Landkreisreform in der Region Straubing-Bogen nicht reibungslos und glatt. Da es kleineren Landkreisen immer schwerer fiel, wichtige Aufgaben zu erledigen, sahen zwar viele die Notwendigkeit der Reform ein, trotzdem wollte jeder Landrat und jeder Oberbürgermeister seinen Landkreis möglichst geschlossen halten, wenn nicht sogar behalten. So hatte Bogen anfangs einen weiterbestehenden eigenen Landkreis vorgeschlagen, in den alle Gemeinden des Landkreises Straubing-Bogen nördlich der Donau (Parkstetten und Kirchroth), die an die Stadt Bogen angrenzenden Gemeinden südlich der Donau (Amselfing und Irlbach) sowie notfalls noch ein paar andere Gemeinden eingegliedert werden sollten. Die Gemeinden Niederwinkling und Mariaposching hingegen wollten lieber zum Landkreis Deggendorf, falls der Sitz der neuen Landkreisverwaltung nicht mehr Bogen, sondern Straubing sein sollte. Landkreis Mallersdorf geteilt Heftige Proteste kamen auch aus dem Landkreis Mallersdorf. Die Mallersdorfer wollten eigentlich zusammen mit Rottenburg und Mainburg einen eigenen Landkreis schaffen, der Landkreissitz wäre dann Neufahrn gewesen. Dieses Konzept scheiterte aber. Zum einen am Widerstand der Mainburger, zum anderen, weil auch die Landkreise Straubing, Landshut und Dingolfing bestehen bleiben wollten. Der Altlandkreis Mallersdorf wurde schließlich auf die Landkreise Straubing-Bogen, Landshut und Regensburg aufgeteilt. Der Altlandkreis Bogen konnte zumindest in seiner Form erhalten bleiben. –fis– 50 JAHRE LANDKREIS STRAUBING-BOGEN Verlagsbeilage der Mediengruppe Attenkofer am 24. Juni 2022 Ausgaben: Straubinger Tagblatt, Bogener Zeitung mit Laber Zeitung Auflage: 29.600 Exemplare (lt. IVW II/2022) Titelbild: Adobe Stock, Uschi Ach, Annemarie Kammermaier Redaktion: Team der Landkreisredaktion, federführend Uschi Ach Anzeigenmarketing: Maria Karl Anzeigenverkauf: Hans-Jürgen Scherm Anzeigenleitung: Stefan Mühlbauer Gesamt-Anzeigenleitung: Michael Kusch Verlagsleitung: Klaus Andreas Huber Druck: Cl. Attenkofer’sche Buch- und Kunstdruckerei, Verlag des Straubinger Tagblatts IMPRESSUM

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