Der Name ist ihr Programm, und jeder kann sich wohl an dramatische Kindheitserlebnisse erinnern, bei dem dieses Kraut eine unschöne und vor allem schmerzhafte Rolle spielte. Und tatsächlich: Ich habe auch heute noch gehörigen Respekt vor Brennnesseln. Den Tee, den ich manchmal zur Entwässerung oder wegen Nierenbeschwerden trinke, habe ich in der Apotheke erstanden, weil ich es doch gescheut habe, sie selbst zu sammeln. Dabei würde es sich lohnen. Nicht nur, um sie zu trocknen und zu Tee zu verarbeiten. Die Brennnessel ist auch ein wunderbares Blattgemüse und nicht weniger reich an Inhaltsstoffen als etwa Spinat. Das ist es auch, was das Kraut zur Heilpflanze des Jahres 2022 gemacht hat. Die Brennnessel ist der reine Booster: So enthalten 100 Gramm von dem Kraut ganze 330 Milligramm Vitamin C. Selbst mit einer Tasse Tee nimmt man noch eine Dosis von 33 Milligramm zu sich. Aber nicht nur das: Sie enthält große Mengen an Eiweiß und Aminosäuren, Vitamin A, Eisen, Kalium, Mangan und Calcium. Ideal als Beigabe zu einem Smoothie oder wie Spinat zu einem Püree verarbeitet. Auch als Salat – roh oder blanchiert – macht die Brennnessel etwas her. Dazu ist sie kostenlos und wächst an allen Ecken, streckt ihre ersten Blätter gleich im Frühling aus und hält bis zum Herbst durch. Wenn da nur nicht diese Vorbehalte wären. Warum brennt diese Pflanze eigentlich so intensiv, wenn man sie berührt? Schuld sind die Brennhaare vor allem an den Blatträndern, die das Kraut zur Abwehr von Fressfeinden hat. Auf diesen Brennhaaren sitzen Köpfchen, die bei Berührung abbrechen, wodurch der Brennsaft aus Ameisensäure, Acetylcholin, Histamin und Serotonin, in der Mischung höchst entzündungsfördernd, die in die Haut eindringen kann. Gefährlich ist das nicht – aber schmerzhaft. Man sollte also beim Pflücken Handschuhe tragen, möglichst dicke Haushalts- oder Gartenhandschuhe, selbst mit Einmalhandschuhen wird die Berührung mit der Zeit unangenehm. Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Brennnessel zu zähmen und ihr ihre Gefahr zu nehmen. Etwa mit einem Teigroller, mit dem man über die Blätter rollt, und auf diese Weise die Härchen abbricht. Am besten man wäscht die Blätter dann noch in warmem Wasser. Oder man gibt sie in einen Mixer. Auch dadurch wird der Nesseleffekt neutralisiert. Ganz sicher kann man sich nicht mehr die Zunge verbrennen, wenn man die Blätter in kochendem Salzwasser blanchiert. Wir sind auf Nummer sicher gegangen und haben die Blätter noch mit Handschuhen abgezupft, gewaschen und dann fünf Minuten in Salzwasser gekocht. Eventuell noch kräftig nachsalzen und mit einer einfachen Vinaigrette abgekühlt servieren. Wer es raffinierter mag, dem sei hier ein nussiges Sesamdressing empfohlen. 20 | Garten Fotos: © ElenaFe - stock.adobe.com, Petra Scheiblich, Christoph Reich Die Brennnessel – der Booster unter den Heilpfanzen von Petra Scheiblich
RkJQdWJsaXNoZXIy MTYzMjU=