Landshuts Stadtgeschichte hat viele Schnittstellen mit dem römischen Weltreich, der lateinischen Zivilisation. Vor 2000 Jahren lief eine große Römerstraße durchs Stadtgebiet (von Regensburg Richtung Brenner), wie unter anderem Münzfunde aus Ellermühle nahelegen, bei der Kirche St. Nikola kreuzten sich wohl regional wichtige Handelsstraßen, und im Stadtnorden, in Hascherkeller, fanden sich Spuren einer Villa rustica, eines römischen Gutshofs. In der Renaissance, bei der „Wiedergeburt“ (so die wörtliche Bedeutung des Namens) der Antike, war Landshut ein Kristallisationspunkt der Epoche in Deutschland. Und in Landshut wirkten berühmte Juristen, die eine namhafte Rolle spielten im Rahmen der Rezeption (Übernahme) des römischen ins deutsche Rechtssystem. Roms Zivilisation wird, vom Lateinunterricht bis zu Hollywood-Filmen, oft verklärt. Wer aber nur das halbe Bild sieht, für den wird Geschichte keine Lehrmeisterin sein im Sinne Ciceros. Gründe genug, den „Mythos Rom“ auch einmal aus einer kritischen Perspektive zu betrachten. Nach Norden versetzter italienischer Palast Heute ist das sogenannte Reenactment in Mode („reenactment“ – auf Deutsch: Wiederaufführung, Nachstellung), auch in Niederbayern, bei Römerfesten von Eining (ehemaliges Kastell Abusina, bei Neustadt/Donau) bis Künzing (Landkreis Deggendorf). Ein Blick auf diese Feste ruft einem ins Gedächtnis, dass römische Geschichte immer auch Militärgeschichte ist, verbunden ist mit Gewalt, Unterwerfung, Ausbeutung: Es wimmelt von Darstellern von Legionären, Hilfstruppen-Soldaten sowie Gladiatoren, Menschen, die zur Belustigung anderer auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen mussten. Auch die zivile Infrastruktur der Römer, die vielen großen landwirtschaftlichen Betriebe, zu denen die Villa rustica von Hascherkeller zählte, dienten in erster Linie der Versorgung des Militärs, der Garnisonen am Limes, der 6000 Mann der Legion in Regensburg zum Beispiel. Interesse an und Begeisterung für die Antike – dafür steht die Epoche der Renaissance, die in Deutschland vor allem mit dem 16. Jahrhundert verbunden ist. Landshut, einzigartiges Beispiel einer Metropole der Spätgotik, soll auch ein Zentrum dieser Ära gewesen sein? Ja, sehr wohl, für einige Jahrzehnte: Mitten in der Landshuter Altstadt zeugt der erste und in seiner Originaltreue einzige Renaissance-Palazzo nördlich der Alpen davon, ein „quasi nach Norden versetzter italienischer Renaissancepalast“ (Bayerische Schlösserverwaltung). Erbauen ließ ihn der Wittelsbacher Herzog Ludwig X. (gestorben 1545), der sich bei einem Staatsbesuch im Herzogtum Mantua an dem dortigen neuen Palast so begeisterte, dass er gleich Baufachleute verpflichtete und mitnahm nach Landshut. Stadtgeschichte | 53 Rekonstruktion einer Villa rustica, eines römischen Gutshofs. Im Norden von Landshut, in Hascherkeller, befand sich ein solcher landwirtschaftlicher Betrieb, dessen Produkte wohl ins Legionslager von Regensburg geliefert wurden.
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