58 | Stadtgeschichte Gewalt, ihre Verherrlichung und ihre ideologische Überhöhung waren genauso zentrale Elemente der römischen Kultur wie der Bau von Stadtplätzen (Foren), Thermen oder der berühmten Römerstraßen. Völlig zu Recht bezeichnet der Lateinlehrer und Sachbuchautor Karl-Wilhelm Weeber die Gladiatoren-Kämpfe als „Spezifikum“ ihrer Zeit und das Kolosseum als Symbol „für das antike Rom und seine Zivilisation“. Und er mahnt dazu, „der Versuchung zu widerstehen, sie“ (Gladiatoren-Kämpfe und Tierhatzen) „zu verharmlosen und als bloßes Randphänomen abzutun“. Allein im Kolosseum von Rom, einer gigantischen Todesgruft, vollendet im Jahr 80 nach Christus, haben nach fundierten Schätzungen mehrere hunderttausend Menschen zum Vergnügen von 50000 bis 60000 Zuschauern ihr Leben ausgehaucht, sowie Millionen von Tieren. Kein Wunder, dass sich die moderne Forschung sehr schwer getan hat mit diesem tiefdunklen Bereich der römischen Lebenswelt: Vergeblich haben Forscher in römischen Texten nach Äußerungen des Abscheus gegen die Spektakel gesucht. Im Gegenteil: Gladiatoren-Kämpfe waren geradezu Ausdruck von „Romanitas“, des "Roman Way of Life" würde man es heute wohl nennen. Davon zeugt nach Überzeugung führender Römer-Experten auch Niederbayerns einziges Amphitheater, eine aus Holz gebaute Arena beim Hilfstruppenlager von Quintana, dem heutigen Künzing (bei Osterhofen). Gladiatoren- und auch Tierkämpfe seien als „Ersatzhandlungen bzw. Symbole für den Kampf der zivilisatorisch hochstehenden Macht Rom gegen die unzivilisierte bzw. wilde, ungebändigte Natur“ gesehen und inszeniert worden, bringt es der Althistoriker Gerhard Waldherr auf den Punkt. Da kommt wohl vielen jenes Zitat in den Sinn, das sich in vier Reden Ciceros findet: O tempora, o mores – Was für Zeiten, was für Sitten! Heute Jux und Tollerei, früher tödlicher Ernst: Nachgestellte Gladiatoren-Kämpfe zählen zu den großen Attraktionen der Römerfeste von heute. Fotos: © Elmar Stöttner
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