Jede Menge Handwerk – und eine gute Prise Leidenschaft Bei der Kunst des Kochens hängt alles vom bewussten Umgang mit gesunden Zutaten ab Geregelte Arbeitszeiten, Sonntag und Montag frei, ständig was zu tun, alles von der Pike auf lernen und dabei dennoch schnell ziemlich viel selbstständig machen dürfen: So könnte ein Jobangebot für eine Ausbildung zum Koch aussehen. Kein schlechter Plan, sollte man denken. Dennoch sucht die Gastronomie ständig nach Nachwuchs, wird aber nicht mehr so leicht fündig. Anders im Fürstenhof in Landshut. Hier arbeiten gleich vier Azubis in der Küche. Unsere Redaktion hat mit zweien von ihnen gesprochen. Und auch der Küchenchef, André Greul, ihr Ausbilder, stand Rede und Antwort. Heute hat Miriam Schratter (25) zum ersten Mal hier allein einen Zwetschgendatschi gebacken. Gestern hat sie das gemeinsam mit dem Chef André Greul geübt, jetzt musste sie alleine ran. Als der Kuchen im Ofen ist, hat sie etwas Zeit, zu reden. Zwetschgen entsteinen steht zur Zeit an, denn im Garten der Greuls sind die Zwetschgen reif, ein Baum ist schon abgeerntet. Klar, dass da immer wieder Zwetschgendatschi auf dem Speiseplan steht. „Einen Zwetschgendatschi machen ist leicht bis mittelschwer, würde ich sagen“, meint die junge Frau, die gerade in ihr zweites Lehrjahr zur Köchin geht. „Beim Hefeteig muss man etwas aufpassen, damit er ordentlich wird und nicht von der Flüssigkeit der Zwetschgen angegriffen wird.“ Dass sie dafür auch mal eine Zeit lang eine stumpfere Tätigkeit machen muss, macht ihr nichts aus. „Ich finde es schön, mit den natürlichen Zutaten zu arbeiten und dann das Produkt genau zu kennen.“ Außerdem probiere sie gern alles aus und gehe „den Dingen auf den Grund“. Jemand wie Miriam bringt aus Sicht ihres Chefs die besten Voraussetzungen mit für eine Ausbildung zur Köchin. „Die Miriam hat vorher schon gebacken, das merkt man sofort“, sagt er. Aber nicht nur das. „Sie hat auch schon das Arbeider Küche. Lernte wie man Schnitzel brät, bei einer Hochzeit schon mal 150 Stück hintereinander. Als er zum Fürstenhof kam, „dachte ich, ich weiß, wie man ein Schnitzel brät“, sagt er. „Aber da wurde ich eines Besseren belehrt.“ Praktisch und intelligent in der Umsetzung Samuel hat das, was Greul kurz „PUI“ nennt. Damit meint er „Praktische Umsetzungsintelligenz“. Das brauche man, wenn man ein guter Koch werden wolle. Dass man wissen wolle, warum man etwas macht. Auch wenn sich die Einsicht oftmals erst Jahre später einstelle. Und das dann Realität werden lasse. Für Samuel sei die Umstellung von der Dorfwirtschaft auf das „ganz andere System“ im Fürstenhof zwar nicht leicht gewesen. Es habe sich aber gelohnt und mache großen Spaß. Auch wenn die eigens produzierten Gerichte nicht ankommen gegen sein Lieblingsessen: „Des saure Herz von meiner Oma“. Petra Scheiblich wenn es da nicht stimme, gebe es nur Stress, und das führe dann meist auch zu Qualitätsverlust. Das aber ist für Greul nicht akzeptabel. Dabei fängt die Qualität für ihn bereits bei den Zutaten an, die er regional einkauft. Hier lernen die angehenden Köche, alles selbst zu machen, vom Baguette für den Frühstückstisch, bis zu den Nudeln. Es sei hier ein Tabu, fertige Produkte beim Kochen zu verwenden. Klar, beim Fürstenhof geht es um gehobene Küche. „Aber was ist gehobene Küche? Eigentlich ist das heute bereits ganz normales Kochen mit simplen Zutaten.“ Es gehe aber auch um den Umgang damit. „Es gibt verschiedene Arten von Kochtypen“, erklärt er, „den mit der Schöpfkelle und den mit der Pinzette“. Als Samuel Rund (19) mit 17 seine Ausbildung begann, kam er zwar eher aus der Ecke „Schöpfkelle“. Für Greul war der junge Mann dennoch „wie ein Sechser im Lotto“. Seit er 14 war, arbeitete er bereits in seinem Dorf im Gasthaus mit. Dort half er zunächst im Service, dann in reits aus. „Am Anfang hatten wir noch jedes Jahr 25 Bewerbungen“, erinnert er sich. Dann seien es immer weniger geworden. „Das liegt am demografischen Wandel“, meinte er. „Aber auch an der gesellschaftlichen Entwicklung. Wenn die Leute immer weniger zu Hause kochen, gibt es natürlich auch immer weniger Köche.“ Aufs Bauchgefühl hören, ob der Beruf passt Und: Nicht jeder eigne sich für den Beruf. Das können junge Menschen bei ihm in einem Schülerpraktikum herausfinden. „Da muss bei denen ein Bauchgefühl entstehen, das ihnen sagt, ob der Beruf für sie taugt“, sagt er. „Und ich brauche das Bauchgefühl, ob der Mensch dafür der richtige ist.“ Schulnoten seien dabei egal, auch, ob die Mittel- oder Realschule abgeschlossen wurde. Der Charakter spiele aber auch eine Rolle, denn die Person müsse in das „Mikroklima in der Küche“ passen. Denn ten gelernt.“ Denn für Miriam ist es bereits die zweite Ausbildung. Zuvor hat sie als Flugverkehrskauffrau am Flughafen gearbeitet, doch als Corona kam, geriet sie ins Grübeln. „Ich wollte ein zweites Standbein haben“, erzählt sie, „und ich wollte meinen Horizont erweitern, neue Dinge lernen“. Außerdem habe sie immer schon leidenschaftlich gern gekocht. Da fiel die Entscheidung nicht schwer. Sie kam in einen Familienbetrieb mit insgesamt 15 Mitarbeitern, davon neun Azubis in verschiedenen Bereichen. Der Fürstenhof in Landshut ist ein alteingesessenes Hotel mit Restaurant, das schon die Mutter der Inhaberin, Simone Greul, geführt hat. Außerdem gibt es hier regelmäßig Koch- und Grillkurse, die vom Küchenchef persönlich geleitet werden. Die Küchen-Azubis sind dabei auch mit von der Partie, assistieren, leiten die Teilnehmer an. „Ich bin vom Typ her einfach Ausbilder“, sagt Greul. „Ich mag es, Leute weiterzubringen.“ Seit 30 Jahren bildet er beEinfache Zutaten handwerklich gut verarbeiten, das lernen Samuel und Miriam bei Küchenchef André Greul. Fotos: Petra Scheiblich Alles frisch: Auf die Basics kommt es an. 3 PERSPEKTIVEN
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