Wieso Union-Berlin-Profi Morten Thorsbyals Öko-Wikinger gilt Eine Greta namens Morten Am Donnerstagabend, da war Morten Thorsby in seinem Broterwerb gefragt. Bei Union Berlin half der Norweger mit, in der Europa League die Chance auf das Erreichen der K.o.-Spiele zu wahren. Das 1:0 gegen Sporting Braga aus Portugal war nach gut 90 Minuten erreicht, Thorsby arbeitete eine Halbzeit lang auf dem Platz daran mit. Etwa 90 Minuten, um ans Ziel zu kommen. Ein Klacks im Vergleich zu seiner ganz persönlichen Mission, die ihn seit einigen Jahren prägt, ja die zu seiner Lebensaufgabe geworden ist. Thorsby ist der VorzeigeUmweltkämpfer des Fußballs, in Berlin gab man ihm nach dem Union-Wechsel sogleich den Beinamen „Öko-Wikinger“. Der 26-Jährige hat häufiger schon erklärt, dass er seine Doppelrolle als Geschenk empfindet für die Übermittlung seiner Botschaften. „Es ist so: Je besser ich Fußball spiele, desto größer ist mein Einfluss als Umweltaktivist. Niemand würde doch auf mich hören, wenn ich kein Fußballspieler wäre“, betonte Thorsby jüngst. Längst nimmt man ihn ernst, das, was er sagt, erfährt Widerhall. Thorsby wird von der Uefa gehört – und in hohen politischen Kreisen. Er traf im Sommer den norwegischen Premierminister. Das war keineswegs immer so. Überzeugungsarbeit zu leisten, war anfangs wie Steine klopfen. Thorsby wurde zuweilen belächelt, bei Sampdoria Genua nannten ihn Mitspieler zu Beginn etwas spöttisch den „Green Boy“. Das hat ihn nicht abgeschreckt, dafür waren die Bilder einer Reportage über Folgen der weltweiten klimatischen Entwicklungen zu drastisch, die ihn einst zum Handeln bewegten. Er stellte zu der Zeit vieles infrage. Auch seine Karriere als Fußballer, aber statt zu kapitulieren, wandelte er seine innere Zerrissenheit in die Energie für sein Herzensprojekt um. „We Play Green“ heißt die Initiative, die sich als Bewegung aus dem Fußball dem Kampf gegen den Klimawandel verschrieben hat. Thorsbys Vater Espen ist ein großer Mitstreiter, gemeinsam haben sie einiges auf die Beine gestellt. Auch Norwegens Superstar Erling Haaland zählt zu den Unterstützern. Die Kraft und die Wucht seines Sports nutzt Thorsby. Symbolisch hat der Mittelfeldspieler wie zuvor in Genua die Trikotnummer „2“ bei den Eisernen gewählt. Sie stellt das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Temperaturziel der globalen Erwärmung dar. Gegen den Titel „Greta Thunberg des Fußballs“ – auch ein Label seiner Italien-Zeit – wehrt er sich nicht. Selbst das E-Auto, dass er mit nach Berlin gebracht hat, trägt den Namen der Aktivistin. Thorsby will inspirieren, nicht seine Thesen als Wahrheit verordnen. Im englischen „Guardian“ zeichnete er ausführlich seinen Weg nach: „Ich hätte gerne 100 Prozent, die kleine Schritte gehen, denn viele kleine Schritte führen zu großen Schritten.“ Wie Thorsby sich diese kleinen Schritte vorstellt, illustrieren die Beispiele aus früheren Klubs. In Heerenveen animierte er seine Kollegen, mit dem Fahrrad zum Stadion kommen. Klub-Bosse und Sponsoren beim holländischen Erstligisten überzeugte er vom Thema. Eine Solaranlage wurde auf dem Stadiondach installiert und weniger Fleisch angeboten bei den Spielen. In Genua setzte er ein Recyclingprojekt durch, die Stadt pflanzte auf sein Werben hin Bäume. Inzwischen hat Thorsby Auszeichnungen für sein vielschichtiges Engagement erhalten, zuletzt einen Preis des britischen Rundfunksenders BBC. Er versteht solche Anerkennung als Motivation. Der Sport habe die Kraft, die Welt zu verändern, findet er. Der Fußball, rechnete er vor, begeistere 3,5 Milliarden Menschen, sei das größte soziale Phänomen auf der Erde. Fußball-Stars hätten daher einen riesigen Einfluss auf Menschen. Aber, wie er an anderer Stelle erwähnt, reagierten sie sensibler auf das, was sie in den Sozialen Medien posten als auf die großen Probleme der Zeit. Thorsby nahm sich jüngst Kylian Mbappé zur Brust, als der französische Superstar lachend auf die Kritik an einem Kurzstreckenflug seiner Pariser Mannschaft nach Nantes reagierte. Wenn’s ums Klima geht, versteht Thorsby eben keinen Spaß. Gerade läuft das Projekt „Green Bag“, bei dem ausgediente Fußballer-Ausstattung wiederverwertet wird. Sich an solchen Aktionen rege zu beteiligen, das wünscht Thorsby sich für seine Branche. „Die Stars müssen vorangehen und ein Beispiel geben“, sagte er. Auch FußballProfis müssten „nicht perfekt leben, aber sie müssen die Veränderungen unterstützen, die wir für eine grüne Wende brauchen“. Dafür wird die Greta namens Morten werben so gut er kann. Ruben Stark Er ist Klimaaktivist und Fußballer! „Öko-Wikinger“ Morten Thorsby befindet sich auf der Mission seines Lebens: Auf der Bühne, die sein Job ermöglicht, lässt er nichts unversucht, um für die Umwelt zu kämpfen Einsatz fürs Klima: Morten Thorsby (M.) beim Besuch der Uefa im Sommer. Foto:weplaygreen/Twitter Niemand würde doch auf mich hören, wenn ich kein Fußballspieler wäre“, weiß Union-BerlinStar und Umweltaktivist Morten Thorsby. Foto: Michael Taeger/ imago Nachhaltigkeit ist für uns kein Trend. Sondern Teil unserer Identität. Wir wissen, was wir tun. ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 29./30. 10. 2022 WWW.ABENDZEITUNG.DE 25 SPORT
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