Niederbayern Magazin

46 „Ich habe eine neue Freundin in der Klasse.“ Ein einfacher Satz und gleichzeitig die Lösung für so vieles. Was unsere Kinder oft völlig unüberlegt äußern, ist die Quintessenz des Daseins als Mensch. Ich lerne einen neuen Vertreter meiner Spezies kennen und begegne ihm mit offenem Herzen, so soll es sein. Woran liegt es dann, dass dies so wenigen gelingt? Gerne würde ich von geopolitischen Verwicklungen berichten. Von Großmachtträumen eines Staatschefs. Vom sozialen Gefälle zwischen arm und reich. Mir gehen Gedanken zu Ideologien und Machtfanatikern durch den Kopf. Aber kann man sich auf die Umstände herausreden? Warum schaffen es Kinder, Freundschaften zu Schulkameraden aufzubauen, deren Sprache sie kaum sprechen? Manchmal sind sie froh, wenn sie wenigstens den Namen richtig aussprechen können. Sie kommunizieren nicht in der gleichen Sprache und doch verstehen sie sich gut. Hängen internationale Probleme etwa damit zusammen, dass die einen Politiker verstehen können, was die anderen sagen? Vielleicht brächte ein Fehlen von Dolmetschern Abhilfe. Nein, diesen Gedanken verwerfe ich wieder. Die Kommunikation zwischen den Kulturen ist bereits mit viel zu vielen Hürden versehen. Kinder unterscheiden einfach nicht zwischen Hautfarben, Sprachen oder Kulturen. Sie sehen den Menschen. Und scheinen großzügig Vertrauensvorschüsse zu verteilen. Wie schön! Enid Blyton soll mal gesagt haben, Hass sei leichter zu gewinnen, als Liebe. Und doch viel schwerer wieder loszuwerden. Vielleicht sind die meisten Menschen einfach zu faul, sich für Mitmenschen zu öffnen. Oder zu schwach, Vorurteile zu hinterfragen. War es nicht auch Enid Blyton, die sagte, sie interessiere sich nicht für Kritik von Menschen, die älter als zwölf sind? Ich kann sie verstehen. Los, wir werden alle wieder zu Kindern! Das wird uns guttun. Ich mache mir mal gleich einen Kakao und gehe dann schaukeln. Von Andreas Reichelt. VORURTEILSFREI WIEKINDERSEIN Bild Kinder: © Luis Louro - stock.adobe.com

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