Das Stadtmagazin - STRAUBINGER
10 Titel | STRAUBINGER sind auch selten geworden.“ Bei Passauern muss man nämlich auch wieder „extra umein- anderdoa“, wie er sagt, also echte Handarbeit machen: Grundsätzlich ein normaler Sem- melteig, dann wird ein bisserl eingeölt und dann kommt ein Roggenmehl dazu: „Damit die schön aufreißt“, erklärt er. Ausgesprochen knusprig ist die Passauer dann und schaut ein bisserl aus wie eine Rose. Drum sagt man auch Rosensemmel dazu. Der Bäcker kann Kümmel, Fenchel und Ko- riander dazutun, ein Genuss ist das dann. Ähnlich ist das mit all den anderen Semmeln, die es fast nicht mehr gibt: zum Beispiel die Riemischen, die man fälschlich auch Römische nennt. Der Name kommt vom Riemischen Mehl, der feinsten und praktisch kleiefreien Qualität des Roggenmehls. Riemische haben bis zu 40 Prozent Roggenanteil, mineralstoff- reich, sättigend und geschmacklich so, dass man versucht ist, zu sagen: Probieren Sie selber, Sie werden begeistert sein. „Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an!“, würde Shakespeares Marc Anton sagen, hielte er seine berühmte Rede statt zu Cäsars Be- gräbnis heute zum Begräbnis von Passauer, Riemischen und Eierweckerln, und er führe fort: „Die Chia-Dreikornsemmel ist ein ehren- wertes Backwerk.“ Und dann würde er er- zählen, wie diese Dreikornsemmel maschinell entsteht und dass das ehrenwert ist. Und „eh- renwert“ würde er so oft sagen, bis man ver- steht, dass richtig ehrenwert nur jenes Hand- werk ist, das es in der Backfabrik leider nicht gibt. Preist jeden Bäcker, der noch Handarbeit macht! Dort kommt noch kurz vor Torschluss Back- ware aus dem Ofen, weil der Supermarkt ver- traglich festlegt, dass der Backshop bis zum Schluss backen muss, auch wenn kaum noch ein Kunde in Sicht ist. Dann wird viel wegge- worfen. Aber Wegwerfen ist offenbar immer noch billiger als echtes Handwerk. Und das ist der eigentliche Grund, warum eine Tour aufs Zwercheck fast nur noch ohne Schuberl geht: Die Backfabriken haben aus Kostengründen uns von hochwertigen Produkten entwöhnt, aus dem Auge, aus dem Sinn. Preist jeden Bä- cker, der noch Handarbeit macht! Bald wird der letzte zum Abschied ganz leise Servus sagen, und dann: Hammanimma. Handarbeit in der Backstube gibt’s immer seltener.
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