Dahoam is schee

3 Dahoam is schee Ein Ausnahme-Kunstwerk Der „Franzosenbrunnen“ in der Moosburger Neustadt vermittelt auch eine augenzwinkernd subversive Botschaft Moosburg. Die drei Frauen und der eine Mann schauen ihr Gegenüber nicht an. Dennoch ist bereits ihre selbstbewusste Haltung beredt. Der sogenannte Franzosenbrunnen mit dem zentralen, vom französischen Künstler Antoniucci Volti bearbeiteten Reliefstein lässt bei näherer Betrachtung keinen kalt. Die einen sehen die bemerkenswerte Kreativität und Kunstfertigkeit, die anderen ein Kunstwerk, das in einer Ausnahmesituation entstand. Volti schuf es während seiner Kriegsgefangenschaft im Moosburger Lager Stalag VIIA. In Frankreich ist Volti kein Unbekannter. Großskulpturen schmücken den öffentlichen Raum und Plätze, beispielsweise in Paris oder Nizza. In seiner Heimatstadt Villefranche-sur-Mer ist ihm ein eigenes Museum gewidmet, in der Zitadelle noch dazu an einem touristischen Hotspot verortet. Kaum bekannt ist, dass Moosburg als Kleinstadt im fernen Bayern wohl die größte Sammlung an seinen in Kriegsgefangenschaft entstandenen Kunstwerken beheimatet. Auch die außergewöhnliche Geschichte um das 1942 geplante Stalag-Denkmal, das zwei Jahrzehnte später, im Jahre 1963, zum Franzosenbrunnen werden sollte, kennen bislang eher wenige. Dabei ist es mit dem Stalag-Gedenkplatz ein durchaus beliebter Anlaufpunkt von Besuchern aus aller Welt. Nachkommen auf Spurensuche Tatsächlich kommen jedes Jahr etliche Nachkommen einstiger Kriegsgefangener nach Moosburg und entdecken allein oder bei Führungen auf der Spurensuche des Vaters, Großvaters, Onkels oder Großonkels die Grünanlage schräg gegenüber der Piuskirche. Seit 2015 und dem 70. Jahrestag der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Stalag VIIA heißt dieser Ort Stalag-Gedenkplatz. Für eine Infotafel sorgte der Verein Stalag Moosburg e.V., was die Stadt Moosburg unterstützte. Doch die Raffinesse des Kunstwerkes, das hier 1963 auf Betreiben des damaligen Kulturreferenten Dr. Wilhelm Pongratz einen Aufstellungsort gefunden hat, konnte dort nicht beschrieben werden. 1942 hatte eine Gruppe französischer Kriegsgefangener die Idee zu einem Denkmal, das innerhalb des Lagers aufgestellt werden sollte. Widerspruch kam nicht von den deutschen Bewachern, sondern vor allem von gefangenen Briten, die anmahnten, hier würde etwas Französisches entstehen. Doch der augenzwinkernden Subversivität der Botschaft des tatsächlich französisch angedachten Kunstwerks kann aus heutiger Sicht nur Beifall gezollt werden. Unter den Augen der Deutschen entstand ein Werk, das die Überlegenheit der Franzosen gegenüber einem steifen und unbeweglichen Nazi-Regime ausdrückt. Dargestellt sind die vier großen Flüsse Frankreichs Seine, Garonne, Loire und Rhône – und dennoch weit mehr als das Offensichtliche. Das Kunstwerk feiert den französischen Lebensstil, das „savoir vivre“ samt dem Sinn für Schönheit und Genuss, ebenso wie Mut, Beständigkeit und Siegesgewissheit im herrschenden Krieg. Der Stalag-Gedenkplatz, einst eine im Lazarett-Bereich befindliche Anlage, die kranken Kriegsgefangenen zur Erholung dienen sollte, ist noch heute eine kleine grüne Lunge inmitten der Bebauung. Stets haben die Mitarbeiter von Bauhof und Stadtgärtnerei ein Auge auf diesen Ort, wo einerseits Geschichte erfahren, andererseits auf den dortigen Bänken besonders in der warmen Jahreszeit durchgeschnauft werden darf. Die einzigartige Birke war übrigens schon im Zweiten Weltkrieg da und könnte sicher so einiges aus den letzten 100 Jahren Moosburgs erzählen. cf 1963 wurde der sogenannte Franzosenbrunnen schräg gegenüber der Piuskirche aufgestellt. Fotos: Christine Fößmeier Am Reliefstein sind Personifikationen der großen französischen Flüsse dargestellt, hier die Garonne. Ein weinseliger Genius als Botschafter des Bordeaux und der französischen Leichtigkeit. Acht Jahrzehnte haben dem einzigartigen Kunstwerk bislang wenig anhaben können. Gedenken und Ausstellung Moosburg. Der Stalag-Gedenkplatz mit dem Franzosenbrunnen steht im Mittelpunkt einer Gedenkveranstaltung am Jahrestag der Befreiung Moosburgs und des Stalag VIIA, dem 29. April, um 15 Uhr. Von der Moosburger Neustadt geht es danach ins Herz der Stadt. Die Ausstellung „Stimmen von jenseits des Stacheldrahts“ in der VHS-Aula wird um 17 Uhr eröffnet und schlägt mit dem Weg vom Gedenkplatz auch gleich den Bogen zur Veranstaltungsreihe „Sprechende Orte. Das Stalag VIIA und acht Jahrzehnte Moosburger Geschichte“. Die Ausstellung informiert nicht nur über das einstige Kriegsgefangenenlager, sie geht auch auf einige Schicksale der Menschen hinter Stacheldraht ein. cf

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