espresso Serien bekannt. Davon hatten wir keine Ahnung. Ohne es zu wissen, haben wir rund um unsere Hauptdarsteller einen richtig guten und erfahrenen Cast bekommen“, freut sich Kevin, der die beiden Kinder-Hauptrollen – das Mädchen, das verheiratet werden soll und ihren Film-Bruder – unbedingt mit Kids aus der Region besetzen wollte. „Dafür sind wir von Schule zu Schule getingelt und haben wochenlang Kinder vorsprechen lassen. Ein Schauspielcoach hat dann eine engere Auswahl trainiert, bis die beiden sich herauskristallisierten“, beschreibt Toby die langwierige Suche nach den beiden Kids. „Durchgesetzt haben sich schließlich Michelle Lemuya, die zu Beginn der Dreharbeiten erst zwölf, inzwischen 13 Jahre alt ist und Joel Liwan, der angibt, 14 Jahre alt zu sein – ich glaube aber, er ist erst elf“, vermutet Kevin. „Michelle ist nicht nur unglaublich talentiert, sondern auch superintelligent. Sie besucht die achte Klasse - in Kenia die Übertrittsklasse - und muss daher neben demDreh lernen und samstags Prüfungen schreiben. Trotz der Doppelbelastung ist sie regelmäßig die Klassenbeste“, schwärmt Kevin von dem Mädchen und lobt gleichzeitig ihre Ausdrucksstärke und Lernfähigkeit. Auch Toby ist von den beiden Kindern, die zum ersten Mal in ihrem Leben vor der Kamera stehen, begeistert. Die restliche Crew rekrutierten Toby und Kevin aus den „Learning Lions“, die sich inWindeseile – mehr als einige Workshops gab es nicht – mit der Technik und Arbeitsweise eines hochprofessionellen Filmteams vertraut machen musste. Denn die beiden Regisseure betonen, dass trotz der Mitarbeit der Studierenden ein Top-Produkt auf höchstemNiveau entstehen soll, das später auf den Filmfestivals konkurrenzfähig ist. „Wider Erwarten haben die Learning Lions das wirklich super hingekriegt“, freuen sich die Schmutzler-Brüder. Und wo lebt man während mehrmonatiger Dreharbeiten in einemGebiet ohne jegliche Infrastuktur? „Eine Unterkunft ohne die Learning Lions wäre überhaupt nicht möglich gewesen. Unser komplettes Drehteam wohnt amCampus, das sich nördlich von Lodwar, unweit des Turkana Sees befindet“, erzählt Toby. „Wir sind in einfachen Häusern untergebracht, die teilweise erst amTag unserer Ankunft fertiggestellt wurden und brandneu sind. Manche Crewmitglieder mussten sogar von einem halbfertigen Haus nochmal in ein fertiges Haus umziehen. Strom undWasser funktionieren zumindest meistens“, beschreibt Toby die Unterkünfte, die sich jeweils zwei bis sechs Personen – Deutsche und Locals gemischt – teilen. Direkt neben demCampus wurde in einem großen Set das Dorf, in dem der Film spielt, aufgebaut. Man sieht Stroh- und Blechhütten, wie sie bei den Turkana People üblich sind, umgeben von einem großen Zaun, hinter dem sich viele Ziegen befinden: „Die sind hier eine Art Währung“, erklärt Kevin. „Zehn Ziegen oder ein Kamel sind soviel wert wie ein Motorrad. Wenn hier also jemand zwanzig Kamele und einige hundert Ziegen besitzt, ist er nach europäischen Maßstäben stinkreich“, schmunzelt er. „Das ist hier durchaus eine Geldanlagequelle.“ Der größte Vorteil des unmittelbar amCampus befindlichen Drehorts ist zweifelsohne das Wegfallen eines weiten Anfahrtswegs „Außerdem können so die meisten Szenen in einem halbwegs kontrollierten Rahmen gedreht werden“, erläutert Toby. Doch trotz der nahen Location und der beeindruckenden Leistung, die Darsteller und Crew abliefern - ein Kinderspiel sind die Dreharbeiten keineswegs. Ganz im Gegenteil. Schon eher Abenteuer pur. Denn die Herausforderungen, die täglich auf die Filmcrewwarten, haben ein ganz eigenes Kaliber, auf das westliche Europäer so ganz und gar nicht vorbereitet sind: „ Wir haben hier bereits mit Lebensmittelvergiftungen bei Schauspielern, Giftschlangen, Skorpionen oder Kamelen, die nach der Kamera treten, zu kämpfen gehabt“, berichtet Kevin und nennt die unglaubliche Hitze in der Wüste als weiteres Problem: „Du kannst dich nicht schnell bewegen, hier herrschen Temperaturen von zumTeil über 40 Grad. Es brennt runter wie nichts. Unsere Haut ist seit Wochen am Limit – und unseren Kameras macht die Hitze genauso zu schaffen“, beschreibt Kevin. Deshalb stehen die Schmutzlers und ihre Crew täglich bereits um 5:30 Uhr auf - nicht nur, um das schöne Licht, das dann herrscht, einzufangen, sondern vor allem, um die kühlen Morgenstunden zu nutzen und der Mörderhitze zu entgehen. „Dadurch werden die Drehtage natürlich lang – und wir müssen einen echten Marathon bewältigen“, sagt Toby.
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