espresso 26 LA CASA Sehen wir uns das Zuhause etwas genauer an. Ich habe über zwei Jahre in Lucca gewohnt. Dabei habe ich einige Male die Unterkunft gewechselt und einiges gesehen. Von klassisch rustikal bis supermodern. Die Italiener nähern sich mehr und mehr unseren deutschen Gewohnheiten an. Es wird immer moderner und die Häuser sind mittlerweile besser isoliert als noch vor Jahren. Trotzdem ist der offene KaminimWohnzimmer immer noch sehr gefragt. Der Gasherd!!! Ohne den geht keine richtige Pasta. Übrigens habe ich gelernt, dass Al Denteetwas weniger Al Dente ist, wie wir Deutschen es interpretieren, No. 5 keine Pasta ist und dass alles mit Mozzarellaaufgebessert werden kann. DieKücheallgemein ist am besten GROSS, damit auch alle direkt deine Kochkünste sehen, sich immer unterhalten können und viele Gäste Platz haben. An dieZiegeldeckenhabe ich mich stark gewöhnen müssen, weil in meiner Vorstellung die Spinnen mehr Spaß daran haben, in unübersichtlichen Ziegeln herumzuhängen als an einer sauber verputzten Decke. Ich habe fast keine Spinne in Italien gesehen - soviel dazu. Thema Heizen: Sie habenkeine richtige Heizmöglichkeit. Abgesehen von Norditalien, ist es im Rest nicht annähernd so lange kalt wie bei uns, aber es kann auch „zapfig“ werden. Allerdings ist es in fast jedemHaus imWinter superkalt. Das liegt an der schlechten Isolierung und an der geringen Bereitschaft für Wärme Geld auszugeben. Da heißt es immer, wir Deutschen wären Kälte gewohnt. ImGegensatz zum Heizen wissen sie, wie man kühlt. Klimagerätesind meist Standard und nahezu kein Italiener kann sich ein Leben ohne sie vorstellen. LA DOLCE VITA Was macht neben all dem Italien so anders? Was macht das Leben so besonders? Ich würde direkt sagen: DIEWERTSCHÄTZUNG DES LEBENS. Das war einer meiner ersten Gedanken und einer meiner wichtigsten Erkenntnisse in der Zeit. Doch was meine ich damit? Ich hatte immer das Gefühl, dass Familie und Freunde an oberster Stelle stehen. Der Job ist wichtig, aber er ist nicht zum Prahlen da. Das Auto kann auch mal teurer sein, aber nur so teuer, dass auch ein Kratzer verkraftbar ist. Alkohol darf zwar großzügig getrunken werden, aber nur in Qualität und vor allemmit Genuss. Ein Abendessen beginnt nicht vor 20 Uhr, amWochenende sogar später. Dabei wird das Essen zelebriert, auch gerne für ein paar Stunden: Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise ist eine gängige Kombination. Denn was zählt ist die Zeit, die Zeit, die sie mit ihren Liebsten verbringen. Stresslos. Keinen nächsten Termin, keinen Blick auf die Uhr. Voller Fokus auf den Genuss der Gesellschaft, den Genuss des Lebens. Auf gute Gespräche, auf gute Weine, auf gutes Essen. Das ist es, was uns Deutschen manchmal fehlt, bei all dem, was wir eigentlich mehr haben. Es fehlt etwas die Wertschätzung des Lebens.
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