14 611 Jahre Kötztinger Pfingstritt Die Frau hinter der Pfingstrittspitze Helfende Hände im Hintergrund: Maria Schedlbauer kümmert sich um die Pferde – Und das nicht nur an Pfingsten Der Kötztinger Pfingstritt ist eine Wallfahrt und Bittprozession zu Pferde, an der nur Männer mitreiten dürfen. Und das soll sich auch künftig nicht ändern, weshalb die Stadt auch keine Chance hatte, als es um die Bewerbung zum Unesco-Weltkulturerbe ging. Denn die Unesco legt bei der Verleihung des Titels sehr großen Wert auf eine offene, inklusive und partizipative Traditionspflege, was bedeuten würde, dass mit der Verleihung des Titels auch Frauen in den Sattel dürften. Doch halten die Kötztinger traditionsgemäß an ihrer Männerdomäne fest, wobei es ganz ohne die weibliche Zuarbeit natürlich auch nicht geht. Im Hintergrund tummeln sich viele helfende Hände, wenn es gilt, die „Mannerleut“ sauber in Pfingstreitertracht auszustaffieren, die prächtig herausgeputzten Pferde bereitzuhalten oder gar während des Rittes dem ungeübten Reiter bei Schwierigkeiten mit dem Reittier unter die Arme zu greifen. Letzteres ist bei Maria Schedlbauer nicht notwendig, denn „ihre Männer“ sind mit den Pferden und der Bittprozession vertraut wie wenige sonst. Ihr Vater Josef und die Brüder Stefan und Florian bilden als Kreuz- und Laternenträger die Spitze, sind sozusagen das Gesicht des Pfingstrittes. Zuvor hatte der „Schmidtbräu-Schweizer“ Willi Schedlbauer 36 Jahre lang das Kreuz für Maria Richtung Steinbühl geht. Bei Eintreffen der Pfingstreiter nimmt sie ihre Pferde in Empfang und betreut sie während des Gottesdienstes und der Rast. Bevor die Reiter sich wieder zurück nach Bad Kötzting aufmachen, ist Maria dann schon wieder auf dem Weg zum Marktplatz, wo ihre Hilfe beim Halten der Laternen benötigt wird, denn eines der Pferde wird den Reitern zur Verfügung gestellt, die eine Auszeichnung erhalten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Pfarrhof kommen ihre Tiere samt Reiter dann gegen 15 Uhr endlich heim und können sich bis zum nächsten Einsatz wieder Marias Pflege hingeben. Sie ist sich sicher, „Ohne mi kamert´ns aa fuat!“ und meint damit die teilnehmenden Männer. Aber stolz ist sie trotzdem auf ihre Arbeit, die am Pfingstmontag natürlich eine besondere Würdigung erfährt. Denn seit jeher heißt es schon in der Familie Schedlbauer: „Jetzt kimmt Pfingsten, und do wird se g´freid!“ Isabell Dachs Pferde um fünf Uhr früh, wobei die Tiere von den Männern vorher schon geputzt wurden. Vater und Brüder müssen aber vor dem Ritt noch die Stallarbeit erledigen, während Maria das Einschirren übernimmt. In diesem Jahr werden alle fünf Pferde beim Ritt gebraucht werden, weil Marias sechsjähriger Neffe das erste Mal ein eigenes Pferd reiten wird und der Sohn ihres Cousins bekommt das Fünfte. Hier wächst also bereits die nächste Generation im Hause Schedlbauer in die Tradition hinein. Auch die Einsteller aus dem Nürnberger Land, die für die Kötztinger Burschen Pferde bereitstellen, sind am Pfingstmontagmorgen gelegentlich auf Marias Hilfe angewiesen. „Jetzt kimmt Pfingsten, und do wird se g´freid!“ Wenn die Pfingstrittspitze dann gegen sieben Uhr zum Pfarrhof aufbricht, ist Zeit für eine Verschnaufpause, bevor es zeigt. Natürlich werden auch die Röserldecken für den Pfingstritt eigenhändig in der Familie von weiblicher Hand gefertigt. Bis zu ihrem Tod vor zwei Jahren half hier auch Oma Anneliese noch fleißig dazu. Das Pfingstwochenende selbst wird für Maria mit der Teilnahme am Rossmarkt am Samstagmorgen eingeläutet. Diese Teilnahme ist für sie und ihre Familie seit jeher ein Muss, dort dürfen sie stolz ihren Pferdebestand präsentieren. Kommen sie heim, dann erfolgt ein fliegender Wechsel, denn der Bierzelteinzug steht an. Die Pferde werden eingeschirrt, um mit anderen im Sechsergespann den Fasswagen zu ziehen. Obwohl Maria bereits eingeladen wurde, beim Einzug auf dem Wagen Platz zu nehmen, überlässt sie das lieber den Männern und schaut sich den Zug an. Ein Privileg, das ihr am Pfingstmontag leider nicht zukommt, denn den Ritt hat sie die vergangenen Jahre nicht gesehen. Für sie beginnt das Herrichten der nach Steinbühl getragen. Als ihr Opa im Dezember 1998 starb, war Maria gerade vier Jahre alt und ihr Vater Josef übernahm 1999 das Amt. Und so wuchs sie ganz selbstverständlich mit der Tradition auf. Die Liebe zu den Pferden war schon immer da und so war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie sich nach und nach der fünf eigenen Süddeutschen Kaltblutpferde auf dem elterlichen Hof angenommen hat. „I glaub, des hamma mia im Bluad“, meint Maria, die ansonsten bei der Firma Heizungsbau Pritzl in der Buchhaltung beschäftigt ist. Zusammenhalt und gemeinsam mit anpacken wird bei der Familie Schedlbauer großgeschrieben, das sei auf einem landwirtschaftlichen Betrieb ganz selbstverständlich, erklärt Maria. Füttern, ausmisten, auf die Weide bringen, die Pflege, die Tiere bewegen oder dem Hufschmied zur Hand gehen, das alles sind ihre Aufgaben das ganze Jahr über. Die Pferde der Schedlbauers stammen alle aus eigener Zucht, weshalb auch immer mal wieder ein Fohlen zu versorgen ist, dessen spätere Ausbildung auch Maria übernimmt. Schließlich ist es besonders in der Spitzengruppe des Pfingstrittes wichtig, dass die Pferde ruhig und besonnen auf das ganze Geschehen reagieren und das müssen sie erst lernen. Beim Einspannen wird in der Familie stets zusammengeholfen, sodass die Vierbeiner auch vor dem Wagen sicher laufen. Pfingsten selbst beginnt für Maria schon einige Wochen vorher, wenn die Pferdegeschirre geputzt und auf Schäden überprüft werden müssen. Gegebenenfalls muss dann der Sattler nochmal Hand anlegen. Auch die Pferde müssen intensiver gepflegt und gewaschen werden, um ihnen den Wechsel vom Winterzum Sommerfell zu erleichtern. Während die Männer dann den Bierwagen für den Bierzelteinzug herrichten müssen, kümmern sich Maria und ihre Mutter Gertraud um den Schmuck dafür. Kreuz und vor allem die Laternen müssen für den Pfingstmontag auf Hochglanz gebracht werden, wofür sich ebenfalls Mutter Gertraud verantwortlich Stute Nella ist mit 21 Jahren die älteste Pferdedame auf dem Hof. Ihre Aufgabe wird heuer sein, Marias Neffen Benedikt sicher nach Steinbühl und wieder zurückzubringen. Fotos: Isabell Dachs Der Besuch des Rossmarktes ist seit jeher Pflicht für die Familie Schedlbauer. Dort kann Maria ihre Pferde auch selbst den Zuschauern vorstellen. 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