15 611 Jahre Kötztinger Pfingstritt Kötzting vor 100 Jahren Was die Menschen in der Pfingstrittstadt im Krisenjahr 2023 beschäftigte Hyperinflation, Putschversuch, Aufstände: Die junge Weimarer Republik gerät unter Druck. 1923 geht als das Schicksalsjahr in die deutsche Geschichte ein. Was bewegte die Menschen in Kötzting vor 100 Jahren? Das hat Bad Kötztings Stadtarchivar Clemens Pongratz im Folgenden zusammengefasst. Die Lebensbedingungen im Deutschen Reich und insbesondere in unserer verarmten Grenzregion waren im Jahre 1923 noch stark von den Kriegszeiten beeinflusst. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Am 11. Januar 1923 besetzten französische (und belgische) Streitkräfte das Ruhrgebiet, um den Druck auf Deutschland zu erhöhen, das weit hinter seinen – unerfüllbaren – Reparationsverpflichtungen aus dem Versailler Vertrag zurückgeblieben war. Dieser folgende „Ruhrkampf“ hatte große Auswirkungen auf das tägliche Leben auch bei uns, vor allem durch die explodierende Inflation, aber auch im politischen und sozialen Gebiet. Die Inflation hatte bereits Anfang Januar bisher unerreichte Folgen, als in der ersten Januarausgabe des Kötztinger Anzeigers die Bäcker den neuen Semmelpreis ankündigten: 20 Mark! Und dann kam eben am 11. Januar die Besetzung des Ruhrgebietes hinzu und verschärfte die Lage erneut. Bereits für den drauffolgenden Sonntag wurde in Kötzting zu einer Protestveranstaltung aufgerufen. Auch viele Kötztinger Vereine folgten dem Aufruf und versuchten ihre Mitglieder zur Teilnahme zu motivieren. Zeitgleich aber musste der Burschenverein wegen des von der Regierung ausgesprochenen Tanzverbotes seinen Burschenball vom selben Wochenende absagen. Nach den Trauerfeiern anlässlich der Ruhrbesetzung ging es darum, die Bevölkerung an der Ruhr zu unterstützen. Auch der Burschenverein machte mit. Welche Auswüchse diese galoppierende Inflation hatte, kann man an den nun endlich angelieferten Grafenwiesener Kirchenglocken sehen. Mittlerweile waren alleine die Transportkosten für die Glocken von Bochum nach Grafenwiesen bereits doppelt so hoch geworden, wie die Glocken überhaupt gekostet hatten. ab Kötzting einfach eine Stunde früher abgeschickt. Bei – endlich – schönem Wetter fuhr ein vollbesetzter „Lamer Lokalzug“ von Kötzting ab und – der Zielbahnhof ist im Artikel nicht erwähnt, aber man vermutet, es war die Station Watzlhof – danach kam der Aufstieg zur Forstdiensthütte am Hohenbogen. Dort wartete bereits die Rimbacher Jugendkapelle, die den Festzug zum Burgstall anführte, wo der Rimbacher Pfarrer Menzinger die Weihe vollzog. Natürlich fehlte bei dieser Feier auch nicht die neue Gruppierung „Bayern und Reich“, die mit ihrer neuen Fahne erschienen war. Auch ein Reiter – nur als „einer der ältesten Pfingstreiter bezeichnet“ – war hoch zu Ross bei der Einweihung dabei. Die NSDAP tritt in Erscheinung Ganz allgemein kann man durch die Berichterstattung des Kötztinger Anzeigers den Eindruck gewinnen, dass die Situation in Kötzting sich politisch auflädt. Die „Deutsche Wacht“ hält im August eine Großkundgebung auf dem Arber ab, bei der sogar die bayerische Regierung vertreten sein wird, um „den festen Willen zu bekunden, es nie und nimmer zuzulassen, dass die schönen Berge des Bayerischen Waldes vom Heimatland losgerissen werden“. Der Hintergrund dieser Veranstaltung sind Forderungen aus Prag, dass der sogenannte Böhmerwald bis hinaus zur Donau reichen würde. Der „Bund Bayern und Reich“, eigentlich als Reaktion auf die Besetzung des Ruhrgebiets gegründet, hetzt nun plötzlich fast von einem Tag auf den anderen gegen den Bolschewismus, der angeblich bereits in Norddeutschland und in Sachsen tobe, und lädt ein zum Bundesappell beim Decker. Nur wenige Tage danach, am 10.10.2023, lädt die NSDAP ihre Freunde – ebenfalls zum Decker – zu einer Besprechung ein. Dies ist der erste Hinweis, dass die NSDAP auch in Kötzting aktiv ist. Mit der Abwehr des Hitler-LudendorffPutsches endet zunächst auch die Geschichte der NSDAP in Kötzting, die auch später, Ende der 20er Jahre, in Kötzting zunächst nicht unter diesem Namen, sondern als die Liste „Gemeindewohl“ bei den Kommunalwahlen antritt und zum Beispiel bei der Kommunalwahl 1929 nur drei von zwölf Markträten stellen konnte. Die Kötztinger leiden weiter unter den Auswirkungen der Inflation, die nun sogar auf die Krankenversicherung durchschlägt; die Ärzte des Bezirks behandeln ihre Patienten nur noch als Privatpatienten. Die Reaktion der Ärzte des Kötztinger Bezirkes scheint wohl rechtmäßig gewesen zu sein, nicht jedoch die Preisgestaltung mancher Händler und so kommt es zunehmend zu Anzeigen und Strafen wegen Preiswuchers. Die Verurteilten „Wucherer“ wurden anschließend auch noch ganz groß in der Zeitung an den „Pranger“ gestellt. Clemens Pongratz zum Burschenzug durch den Markt und anschließend gingen die beiden Brautführer zum Elternhaus der Rosa Wanninger, holten sie zum Brautzug ab und führten sie zur Pfingsthochzeit im Saal des Franz Mühlbauer-Godl. Im Juli kam es erneut zu einer „Reiterprozession“ von Kötzting nach Steinbühl. Diesmal aber war der Grund ein anderer und auch die Zusammensetzung des Zuges glich nicht dem des Pfingstrittes, obwohl auch hier ein Priester im Mittelpunkt stand. Die Ursache war ein Primiziant aus Steinbühl, HH Josef Schwab, ein Bruder des Steinbühler Expositus Schwab, der am Bahnhof in Kötzting empfangen und mit 40 Reitern, mehreren Radfahrern und vielen Ehrenwägen durch das Zellertal nach Steinbühl begleitet wurde. Im Vorjahr – 1922 – war das Gipfelkreuz auf dem Kreuzfelsen des Kaitersberges erneuert worden und nun ging es um ein weiteres Kreuz, dieses Mal auf dem Hohenbogen. Die Wald-Vereinssektion Kötzting rief, um sich Kosten zu ersparen, „tatkräftige Männer“ auf, am Montag, den 20. August, bei der Kreuzaufstellung mitzuhelfen. Die Einweihungsfeier sollte dann am 2. September stattfinden. Was dem Kötztinger Magistrat mit der – allerdings überregionalen – Eisenbahnverwaltung nie gelungen war, eine außerplanmäßige Fahrplanänderung wegen einer Veranstaltung zu erreichen, gelang der Wald-Vereinssektion Kötzting mit der Lokalbahn AG sofort. Um die geplante Einweihungsfeier am Hohenbogen noch rechtzeitig erreichen zu können, wurde der planmäßige Zug gewesen war, wird der Pfingstbräutigam bestimmt: „Johann Mühlbauer, Musikmeisters= und Bürgerssohn“ aus Kötzting wählt sich die „Bürgerstochter Frl Rosa Wanninger“ als Pfingstbraut, die Tochter des Wagnermeisters Max Wanninger von gleich nebenan. Auch die beiden Brautführer kamen gleich aus der direkten Nachbarschaft: Alfons Liebl und Karl Fischer, einer von gegenüber der Marktstraße und der andere der direkte Nachbarssohn. Mühlbauer wird übrigens Jahre später seine Pfingstbraut wirklich zum Traualtar führen und so die Verbindung der beiden Familien Mühlbauer (Stichwort Musikerfamilie und Schuster in der Marktstraße) und Wanninger (Max Wanninger, der Kripperlvater, Anwesen Hasenberg, an der Ecke Schirnstraße/Gehringstraße) herstellen. Kötzting hatte wie schon sehr oft Glück mit dem Wetter, und bei strahlendem Sonnenschein ritten die Pfingstreiter durch das Zellertal zum Nikolauskirchlein in Steinbühl. Im Unterschied zu heute startete der Pfingstritt damals bereits um 7.30 Uhr früh. Viele Jahrzehnte vorher war man sogar bereits um 6.00 Uhr losgeritten, hinaus nach Osten und hinein in die aufgehende Sonne. Dieser – in alten Zeiten – so frühe Beginn des Pfingstrittes ist einer der möglichen Hinweise dafür, dass die heutzutage religiöse Prozession früher einen heidnischen oder militärischen Hintergrund gehabt haben könnte. Damals waren der Burschen- und der Brautzug noch getrennt, und so kam es nach der Bewirtung der Burschen – als „Burschenmahl“ bezeichnet – zuerst Gerade mal 14 Tage hatte der vorherige Semmelpreis gegolten, nun, am 15. Januar, wurde schon die nächste Erhöhung angekündigt. Angesichts dieser finanziellenNot und der ohnehin angespannten Wirtschaftslage bekamen auch Altmetalle, ja sogar Abfall, einen monetären Wert und wurde gesucht und gehandelt. Eine Art von Recycling, der Not gehorchend. Beim „OSL“ am Marktplatz wurden regelmäßig Ankaufstage veranstaltet. Neben den katastrophalen Nachrichten aus dem Reich bekamen unsere Bayerwäldler plötzlich auch Stress mit den östlichen Nachbarn. In der jungen tschechischen Republik gab es tatsächlich Überlegungen, die Grenze bis an die Donau zu verlegen, und diese ließ verlauten, dass der Name „Bayerischer Wald“ nicht herkömmlich, sondern der ganze Gebirgszug als Böhmerwald anzusehen sei. Und plötzlich flogen tschechische Flugzeuge über die Köpfe der Kötztinger. Im weiteren Verlauf des Frühjahrs 1923 finden sich immer wieder einzelne Anzeigen und Berichte, die einen Hinweis auf die existenzielle Situation der damaligen Bewohner zeigen, und natürlich steigen auch die Berichte über Diebstähle. Die Pfingstfeierlichkeiten im Jahr 1923 Bis hinein in den Mai 1923 waren die Hyperinflation und die Krise im Ruhrgebiet die alles beherrschenden Themen im Kötztinger Anzeiger. Erst ganz kurz vor Pfingsten, so wie es damals üblich Die Pfingstreiter beim Ausritt aus der Stadt Repro: Clemens Pongratz Ein Strafbefehl über 800 Milliarden Mark... Pfingstreiterstraße 30 93444 Bad Kötzting Telefon 0 99 41/94 91 31 Öffnungszeiten: Montag – Freitag: 8 – 18 Uhr Samstag: 8 – 16 Uhr Wir wünschen allen Kunden, Gästen und Besuchern schöne Pfingstfeiertage! Für Druckfehler übernehmen wir keine Haftung. Abbildungen ähnlich, Abverkauf solange Vorrat reicht. Mistboy 2-tlg., Schaufel und Gabel versch. Farben je Set 23,99 Euro Stiefelknecht Hilfsmittel zum Stiefel ausziehen aus Kunststoff Stück 6,49 Euro Pferdemistgabel EcoFork Kunststoff schwarz ohne Stiel Stück9,99 Euro mit Stiel Stück20,99 Euro Reithelme verschiedene Ausführungen und Größen Stück ab 36,99 Euro Reitstiefel oder -stiefelette verschiedene Ausführungen, ab Größe 29 Paar ab 36,99 Euro Leckerlie DELIZIA CLASSIC versch. Sorten wie Apfel, Himbeere oder Banane je 1-kg-Beutel 3,89 Euro Maschinenbau – Stahlbau Maschinenreparaturen Schweiß-Fachbetrieb Luftentfeuchter-Verleih Forst- und Gartengeräte Arbeits- u. 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