14 ich sag' mal so: Recht zartbesaitet sollten Sie nicht sein. Und dennoch empfehle ich jedem, in die tiefen Abgründe der mittelalterlichen Seelen zu blicken. Denn diese Vergangenheit gehört nun einmal zur Historie der Menschheit. Kein Wunder also, dass auch viele Schulklassen vorbeischauen. „Wir haben rund 140 Exponate ausgestellt“, verrät mir Walter Nussbaumer, seines Zeichens Aussteller, Organisator und Eigentümer der mittelalterlichen Räumlichkeiten. „Exponate aus der Zeit der Hexenverfolgung und Inquisition, mit Schwerpunkt auf dem 14. und 16. Jahrhundert. Sinn und Zweck ist es, aufzuklären, zu informieren.“ Wer angeklagt und gar zum Tode verurteilt wurde, musste seinerzeit gar nicht mal ein Schwerverbrecher sein. Es hatte schon gereicht, eine schwarze Katze zu besitzen. Was wie ein schlechter Scherz klingt, war leider furchtbarer Alltag. Fadenscheinige Vorwürfe führten zu unfassbar grausamen Foltermethoden. Erzwungene Geständnisse von teils Unschuldigen endeten nicht etwa mit einem Freispruch – nein. Der Delinquent hatte diesbezüglich nur das „Glück“, nicht allzu lange leiden zu müssen. Und im besten Fall wurde ihm mit der Guillotine das Leben aus dem Körper gehaucht. Opfer, die ihre Tat bestritten, wurden hingegen langen Folterprozessen ausgesetzt. Bereit für noch eine Hinrichtung? Gut, wie Sie wollen. Stellen Sie sich vor, Sie liegen auf einer Bank. Nein, keine weiche Unterlage. Blankes Holz. Und unter Ihrem Rücken spüren Sie an drei Stellen kleine Nagelbette, die Ihnen unfassbare Schmerzen zuführen. Ihre Hände sind über den Kopf nach oben gestreckt und Ihre Beine gespreizt. Gefesselt. Von oben betrachtet hat Ihr Körper die Form eines „X“. Sie hören ein Rattern, ein Kurbeln. Sie merken, dass die Fesseln immer intensiver wirken und Sie haben das Gefühl, Ihnen werden die Knochen von Armen und Beinen jeden Moment ausgerenkt. Sie befinden sich – richtig: auf einer Streckbank. Anfangs können Sie mit Ihrer Muskelkraft noch entgegenwirken. Doch wenig später geben Sie unausweichlich nach. Gelenke springen heraus, Sehnen reißen, Muskeln werden regelrecht zerfetzt. Kurz darauf sterben Sie. Warum ich das so explizit beschreibe? Weil a) das Leben damals kein Ponyhof war und b) Sie auch im Foltermuseum detaillierte Beschreibungen erfahren. „Hinsehen statt wegschauen“, lautet die Devise. Sich mit der furchtbaren Vergangenheit befassen und erleichtert sein, dass wir heutzutage solche Gräueltaten nicht mehr über uns ergehen lassen müssen. Ach ja? Moment! Das ist so nicht ganz richtig. Während zwar in unseren Breitengraden keine Folter mehr angewendet wird, kommt sie in anderen Ländern – wie beispielsweise Lateinamerika – leider noch immer zu tragen. Umso wichtiger sind am Ausgang des Museums die Hinweistafeln und Plakate von Amnesty International, mit der Aufschrift „Stop Folter“. Um nicht noch näher ins Detail zu gehen, möchte ich an dieser Stelle nur kurz auflisten, welche Foltermethoden noch heute angewendet werden: Bohrmaschine, Wasser, Hammer, Trichter, Bügeleisen, Plastiktüte, Kopfhörer, Zange, Zigarette. Und, ist der Film in Ihrem Kopfkino bereits gestartet? Um Sie wieder auf sanfteres Terrain zu führen, blicken wir in die Ge- © Torsten Widua
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