28 Gäubodenvolksfest 2023 Der Traum vom perfekten Dirndl Jedes Jahr veranstaltet die Vhs Straubing einen Nähkurs, bei dem sich jede ihr eigenes Dirndl nähen kann. Ein Selbstversuch der herausfordert. Von Nina Kalmus Leute die nähen können, habe ich schon immer bewundert. Als Kind hat mir meine Oma die Grundlagen beigebracht, sie war ein Profi. Fast alle Kleidungsstücke für meine Mutter und ihre zwei Geschwister hat sie selbst genäht. Meine kindlichen Versuche, ihren Anweisungen zu folgen, waren allerdings nicht immer von Erfolg gekrönt. Einen Knopf annähen, eine Hose kürzen, das ging schon vor dem Dirndlnähkurs und sah auch meistens ganz passabel aus. Aber richtige Nähprojekte wie ein T-Shirt oder ein Rock landeten meist nach kurzer Zeit in der Ecke, weil das alles nicht so klappen wollte, wie ich mir das vorgestellt hatte. Die Frustration stieg, ich startete keine neuen Projekte mehr. Doch dann begann ich mein Volontariat beim Straubinger Tagblatt und wurde gefragt, ob ich nicht einen Dirndlnähkurs bei der Vhs für die Volksfestbeilage machen möchte. Da ich Dirndl (und Tracht allgemein) liebe, war ich gleich Feuer und Flamme. Außerdem hatte ich meinem Verlobten versprochen, mir keine neuen Dirndl mehr zu kaufen da ich schon um die zehn besitze. Aber davon, dass ich mir kein Dirndl selbst nähen darf, war nie die Rede. Also die perfekte Ausrede. Online kaufte ich günstige - aber schöne - Baumwollstoffe im Ethnostyle (das ist mal was anderes und außerdem dieses Jahr sehr in). Dann wäre es nicht allzu schlimm, wenn das Ganze in die Hose geht. ♦ Zu spät und ohne Plan bei der ersten Stunde Zur ersten Stunde kam ich gleich mal zu spät. Die Vorstellungsrunde hatte ich verpasst. Alle hatten sich schon ihren Platz ausgesucht, also nahm ich den, der übrig war. Die Tische im Nähraum standen zu kleinen Grüppchen zusammen. Über jedem baumelte ein Kabel mit einer Mehrfachsteckdose von der Decke. Einen Dirndlschnitt hatte ich schon vorher besorgt, daheim abgepaust und ausgeschnitten, deshalb saß ich erst einmal etwas verloren rum, unterhielt mich mit den anderen Teilnehmerinnen und versuchte alle Namen herauszufinden. Außer mir waren noch sieben weitere Frauen ganz unterschiedlichen Alters in dem Kurs, die jüngste erst 16 Jahre jung. Einige von ihnen nähten schon seit Jahren, hatten sich aber alleine noch nie an ein Dirndl rangetraut. Meine Hoffnung ein schönes Dirndl zu fabrizieren sank, aber die Mädels und auch die Kursleiterin Anita Pissinger machten mir Mut. „Ich hab schon mehrere Kurse bei Anita gemacht“, sagte eine Teilnehmerin aufmunternd zu mir. „Wenn es jemand hinbekommt, dass wir alle mit einem schönen Dirndl hier rausgehen, dann sie.“ Und sie sollte Recht behalten. All unsere Ergebnisse, nach den ganzen Stunden am Nähtisch in der Vhs und auch zu Hause, können sich sehen lassen. Keiner würde denken, dass da teilweise blutige Anfänger am Werk waren. ♦ Tipps und Tricks gab es von Kursleiterin Anita Pissinger Den Rest der ersten Stunde verbrachte ich damit, alle Teile für mein Oberteil so aus dem Ethnostoff auszuschneiden, dass sie nachher zusammengenäht auch gut zusammenpassten. Etwas frustriert durch die zeitaufwendige Arbeit, dachte ich, dass zehn Termine niemals ausreichen würden. Doch ab dem zweiten Treffen ging es endlich voran. Anita stand mit Rat und Tat zur Seite und auch untereinander haben wir uns viel geholfen. Wir Teilnehmerinnen gründeten eine Whatsapp-Gruppe, so konnten wir uns auch daheim austauschen, falls eine mal eine Stunde verpasste oder so motiviert war, außerhalb des Kurses weiterzumachen. Durch Anita und auch durch die Tipps der anderen, habe ich viel für meine Näh-Zukunft gelernt. Zum Beispiel, welche Utensilien unerlässlich sind: Ein Handmaß und ein Maßband sind ein Muss. Und dass es ausgesprochen sinnvoll ist, in gute Ersatznadeln für die Nähmaschine und einen hochwertigen Faden zu investieren, musste ich auf die harte Tour lernen. In der zweiten Stunde riss mir nämlich ständig der Faden - der anscheinend schon etwas älter war (Anitas Verdacht) und so zu nichts mehr taugte - und beim vorletzten Termin verbogen sich nicht nur eine, sondern gleich zwei Nadeln. Hilfsbereit sprangen die anderen Mädels ein und überließen mir Ersatznadeln, da ich natürlich nicht damit gerechnet hatte, dass so etwas passiert und deshalb selbst keine gekauft hatte. Auch dass der Stoff für das Innenfutter lieber dicker - und nicht, wie ich mir das vorgestellt hatte, dünn und luftdurchlässig - sein sollte, musste ich am eigenen Leib, beziehungsweise Mieder, erfahren. ♦ Nach dreimal auftrennen doch noch gescheitert Nachdem alle anderen ihr Futter schon längst fertig hatten und ich zum dritten Mal die Nähte auftrennte, da der viel zu dünne Stoff ständig verrutschte, griff Anita schließlich ein und nähte mir das Ganze einmal zusammen. Bis kurz davor war ich wild entschlossen, keine Hilfe anzunehmen - ich wollte schließlich alles an meinem Dirndl selbst machen. Aber manchmal muss man einfach akzeptieren, dass man mit seinem Näh-Knowhow am Ende ist und doch Hilfe annehmen. Ich bin schließlich kein Profi. Mit Anitas Hilfe war ich dann wieder gut in der Zeit und am Ende des vorletzten Kursanbends, war mein Dirndl perfekt an meinen Oberkörper angepasst und der Rock in Falten gelegt und zusammengenäht. Zum letzten Termin konnte ich leider nicht kommen, aber das Dirndl war so oder so fast fertig. Mithilfe der anderen - die mir in der Whatsapp-Gruppe verrieten, wie ich meinen Rock richtig am Mieder festnähe und wie ich einen Blindstich hinbekomme, um den Saum des Rockes zu vernähen - konnte ich das Dirndl zu 99 Prozent fertigstellen. ♦ Die Knopflöcher fehlten, das Selbstvertrauen auch Nur vor den Knopflöchern habe ich mich lange gedrückt. Ich hatte Angst, beim letzten Schritt das komplette Dirndl zu versauen… Allein daheim überfiel mich wieder die Unsicherheit, die ich schon vor dem Kurs verspürte… Zu viele offene Fragen: Wie viele Löcher braucht man und in welchem Abstand? Nähe ich die Löcher per Hand oder doch mit der Nähmaschine? Schließlich habe ich mich an einem anderen Dirndl orientiert und habe sie mit der Hand genäht, sicher ist sicher. Ich wollte ja nicht, dass das Projekt so endet wie die ganzen Vorherigen: Nur fast fertig in einer Ecke. Das wäre einfach zu schade gewesen. Mein Fazit zum Kurs? Nette Teilnehmerinnen, eine kompetente Kursleitung und viel Zusammenhalt und Unterstützung. Das Ergebnis? Ein Dirndl, dass sich sehen lassen kann, und perfekt sitzt - trotz günstigem Stoff. Ich würde auf jeden Fall wieder teilnehmen ♦ Eine Kursteilnehmerin näht die Tasche für den Rock ihres Dirndls. Für viele ein Muss, damit man Geld und Handy gut verstauen kann. ♦ Beim Abstecken des Rockes ist Konzentration gefragt. Nicht dass man sonst nach dem Vernähen wieder alles auftrennen muss. ♦ Auch die Katze unserer Autorin wollte mithelfen, leider nicht sehr erfolgreich. – Zwei der fertig genähten Dirndl. Fotos: Nina Kalmus ♦ Vier der Teilnehmerinnen in den selbst genähten Dirndl mit Anita Pissinger (Mitte). Unsere Autorin ist die zweite von links. Foto: Susanne Pritscher Gekennzeichneter Download (ID=wEvNpV441n9orUHzjGhuH4Cnf4hFO0H7iHSP_1Wpb1I)
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