64 einnahmen haben werden – und das deckt noch nicht einmal die Kosten, um einen einzigen Song zu produzieren. Musik zu machen ist heute leider ein Luxusgut. Das muss man sich erst einmal leisten können. Steffen: Segen ist, dass man heutzutage ohne großen Kostenaufwand ganze Alben im Heimstudio produzieren kann und sich nicht für viel Geld ein Tonstudio anmieten muss. Man ist nicht mehr abhängig von irgendwelchen Geldgebern – wie es in den 70er oder 80er Jahren noch so war, aufgrund der hohen Produktionskosten. Ein Freund von mir war vor 14 Tagen auf Eurem Open-Air-Konzert in Ratingen bei Düsseldorf und ist seit Stunde null großer Fan. Er bat mich, euch zu fragen: Euer Ticketpreis liegt bei rund 20 Euro. Anreise, Aufbau, Babysitter für Eure Tochter ... Kann man da noch von „Geschäft“ sprechen oder ist es Liebhaberei? Das ist eine hervorragende Frage! Es ist eins der ganz großen Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Die Ticketpreise sind eigentlich nachhaltig nicht vertretbar, da die Kosten ja generell – also für alle Beteiligten – nach der Pandemie um 30 Prozent gestiegen sind, da viele keine ausreichenden Rücklagen bilden konnten. Generell sind unsere Konzerte zwar sehr gut besucht, aber den Preis erhöhen: schwierig, weil die Gäste dann schlichtweg einfach nicht mehr kommen würden. Eure Konzerte sind sehr familiär – kann man das so sagen? Steffen: Gewiss. Wir versuchen immer, die Atmosphäre eines Wohnzimmerkonzertes aufkommen zu lassen und suchen die Nähe zu unserem Publikum. Auch spielen wir die Songs nicht einfach nur aneinandergereiht runter, sondern erzählen immer wieder nette Anekdoten. Die Leute, die kommen, haben Lust. Lust auf uns, ja. Aber auch Lust auf die Gemeinschaft, dass man unter sich ist. Man tauscht sich aus. Es ist wie ein kleines Familientreffen. Ihr sucht aber auch anderweitig die Nähe zu Euren Fans. Stichwort Podcast „Vogelgezwitscher“. Sarah: Wir hatten schon viele Jahre geplant, einen Podcast zu machen. Das war so ein Traum von mir, weil ich selbst sehr viele Podcasts höre. Und als dann meine Krankheitsgeschichte ans öffentliche Licht kam, wollte ich dazu unbedingt persönlich Stellung nehmen. Dir wurde im Herbst letzten Jahres das rechte Bein amputiert, nachdem du fast 40 Operationen hinter Dir und schon von Geburt an diverse Fehlbildungen am rechten Bein hattest, unter anderem auch Knieprobleme. Sarah: Genau. Und um der Boulevardpresse den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben wir den Podcast ins Leben gerufen, um quasi aus erster Hand darüber zu informieren. Es gab so viel falsche Berichterstattung, sodass wir das unbedingt geraderücken wollten. Und in den ersten Folgen des Podcasts erzähle ich die Geschichte dazu. Steffen: Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben hatte uns direkt am ersten Tag der öffentlichen Bekanntmachung neun Interview-Anfragen geschickt – und wir haben ganz bewusst jegliche Presse abgelehnt. Wir wollten das selbst, vollständig, unverfälscht und in einem nicht-reißerischen Kontext wiedergeben. Da fanden wir, ein Podcast wäre das richtige Medium. Und das war es auch. Mittlerweile hat unser Podcast 38 Folgen – und wir plaudern nicht nur darüber, sondern auch über unser Leben als Künstler, unser Leben als Papa und Mama und über unseren Werdegang. Deine Amputation, Sarah, ist auch der Grund, weshalb Du momentan so häufig in Bayern bist. Sarah: Ja, das ist richtig. In Bayern ist die Firma, die meine Beinprothese hergestellt hat – und hier bin ich nun häufig, um sie einstellen und anpassen zu lassen. Das läuft leider noch nicht rund, sodass es mit vielen Komplikationen und Schmerzen verbunden ist. Dennoch bin ich total gerne in Bayern und genieße die Natur, die Ruhe und gönne mir hier immer eine möglichst schöne, schonende und entspannte Auszeit. Außerdem ist mir Bayern generell sehr vertraut, schließlich habe ich hier einmal für kurze Zeit gelebt und wir haben hier schon ganz oft live gespielt. Alles über die Amputation erfahren unsere Leser in Eurem Podcast. Lasst uns noch mal kurz zurück zur Musik gehen, mit der Ihr mittlerweile komplett autark seid – sprich: Ihr veröffentlicht Eure Sachen in Eigenregie, ohne Plattenfirma. Steffen: Für unser drittes und somit vorletztes Album „Dark Waters“ hatten wir mit Edel noch einen physischen Vertrieb. Beim Nachfolger „Love you to the Bone“ übernahmen wir alles selbst, ja. Wir müssten so viel Material in die Läden liefern, wobei wir genau wüssten: Zwei Drittel kommen ohnehin wieder zurück. Man müsste sehr große Mengen vorprodzieren, mit dem bereits gewonnenen Wissen, bei Weitem nicht alles verkaufen zu können. Den kompletten stationären Handel abdecken – das wäre für uns wirtschaftlich gesehen der Dolchstoß. Somit machen wir nur noch Direktvertrieb. Ergo bekommt man unsere Musik ausschließlich über unseren Webshop und auf Konzerten. Von Torsten Widua
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