Leseprobe Bayerns Bestes

Ein Grollen, ein Donner. Ein Scheppern, Rasseln, Hämmern, Klirren – es ist alles zusammen. Dieser Höllenlärm, der am 10. November auf dem hell erleuchteten Rinchnacher Dorfplatz losbricht, geht durch Mark und Bein. Das Geräusch gleicht einem Presslufthammer, der direkt neben einem in den Boden gerammt wird. Wie in dieser dunklen Novembernacht, versammeln sich hier jedes Jahr rund 600 Frauen und Männer. Sie schnallen sich Kuhglocken um ihre Hüften. In der Mitte des Platzes steht ein bärtiger Mann im langen Mantel mit einem Hirtenstab in der rechten Hand. Mit diesem klopft er auf das Kopfsteinpflaster. Ein lautes Bellen: »Riegelts enk!«¹ Und dann ist es da: dieser Wumms, dieses Wummern, dieser ohrenbetäubende Krach, auf den in Rinchnach vom Kindergartenkind bis zum Großvater alle warten. WE R HAT D E N L ÄNG S T E N AT EM? Zurück geht dieser Brauch auf den Wolf, der bis 1850 im Bayerischen Wald heimisch war. Da das Raubtier für die Kühe und Schafe auf der Weide eine Gefahr darstellte, führten die Hirten alljährlich eine Wolfstreibjagd durch. Dabei zogen sie mit Goaßln² und Glocken durch den Wald und versuchten, die Wölfe in großen, ausgehobenen Gruben zu fangen. »Aber echte Wölfe sieht man an diesem Abend bei uns ganz gewiss nicht«, sagt Reinhold Ertl, Leiter der Tourist-Info. In der ersten Novemberwoche jedes Jahres bricht im Rathaus des ehemaligen Klosterorts Hektik aus. Ertl telefoniert mit Fernsehteams, organisiert Getränkestände und koordiniert die Auftritte der einzelnen »Wölfe« beim Wolfauslassen. Wolf – bitte was? In Erinnerung an die Männer, die vor rund 200 Jahren durch den Bayerischen Wald zogen, um das Raubtier zu verscheuchen, schließen sich die Einheimischen heute zu Gruppen zusammen und bezeichnen sich selbst als »Wolf«. Jeder Ortsteil entsendet seinen eigenen »Wolf« zum großen Wolfauslassen(Hintergrund siehe Infokasten S. 41). Der »Widdersdorfer Wolf« ist dabei mit bis zu 120 Mitgliedern der größte. ¹ »Bewegt eure Glocken schnell hin und her!« ² Fuhrmannspeitsche untenDie Mitglieder des Wolfes versammeln sich mit ihren Kuhglocken um den Hirta. obenAuf sein Zeichen läuten alle gleichzeitig ihre Glocken. Den vollständigen Artikel lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Bayerns Bestes

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