33 Generell besteht unsere Einrichtung aus zwei Bereichen: ein allgemeiner und einer, spezialisiert auf ChoreaHuntington-Patienten. Da wir kein typisches Seniorenheim sind, liegt der Altersschnitt bei ca. 60 Jahren. Der jüngste Bewohner ist 20, der älteste 92.“ Wie lange sie denn schon hier im Haus arbeitet, will ich von Claudia wissen. „Seit 2013. Zunächst war ich sechs Jahre lang Pflegedienstleitung, und vor vier Jahren habe ich die Leitung des Hauses übernommen. Mein Job ist es zu schauen, dass es sowohl meinen Bewohnern gut geht als auch meinen Mitarbeitern. Das hat oberste Priorität.“ Neben Claudia Zehe sitzt Julia Steininger (33), die mir verrät: „Ich bin seit 14 Jahren hier beschäftigt, habe zu Beginn meine Ausbildung zur Pflegefachkraft gemacht, war später Wohnbereichsleitung und bin seit einem Jahr stellvertretende Pflegedienstleitung.“ Ebenfalls als Azubi angefangen hat ihr Stuhlnachbar Patrick Weishäupl (32): „Ich kam vor neun Jahren ins Haus und bin seit einem Jahr als Pflegedienstleiter tätig.“ So, die Personalstrukturen unserer schönen Runde wären geklärt. Ich wende mich höflich von Patrick, Julia und Claudia ab, die rechts neben mir sitzen – und blicke nach links, zu Bewohnerin Brigitte. Eine lustige und gutgelaunte Dame, mit der man Pferde stehlen könnte, und die mir kurz vor der Aufzeichnung ins Ohr geflüstert hat, dass sie ein bisschen aufgeregt sei. Ich fühle scherzhaft ihren Puls und sage: „Ja, ist schon ganz schön hoch.“ Alle lachen. Doch ich versuche, ihr die Aufregung zu nehmen, indem ich sie direkt frage, wie es ihr hier gefällt. „Ganz hervorragend“, sagt Brigitte. „Ich bin seit 2021 hier und bewohne mit meinem Lebensgefährten zusammen ein Doppelzimmer. Auch er ist hier im Pflegeheim, wir haben uns aber vorher schon kennen- und liebengelernt. Wir machen eine Therapie zusammen und sind sehr froh, hier leben zu dürfen. Es ist eine tolle Anlage, und ein schönes Zimmer mit einer super Ausstattung, ähnlich wie in einem Hotel.“ Als Hobby nennt Brigitte das Malen, und dass sie und ihr Freund gerne kegeln gehen. „Sehr gut gemacht, Brigitte“, denke ich, „Siehst Du, die Kamera hast Du doch direkt gleich vergessen.“ Ich schaue zu Marianne, die neben Brigitte sitzt. Eine Frau im besten Alter, die – und das meine ich gar nicht böse, sondern äußerst positiv – den Schalk im Nacken sitzen hat. „Wer austeilen kann, kann auch einstecken“, könnte das Lebensmotto der pfiffigen und wortgewandten Dame sein. Und als sie mir erzählt, dass sie die kreative und quasi künstlerische Leitung der Gesangs- und Musikgruppen innehat, wird mir sofort klar: Die Marianne, die hält hier die Leute z'samm. Seit neun Jahren ist die gelernte Kinderkrankenschwester schon hier, steht gegen sieben Uhr auf, genießt bei Semmeln und Eiern das Frühstück in geselliger Runde und macht täglich morgens eine halbe Stunde Gymnastik, ehe sie sich nachmittags ihren Hobbys widmet: Gitarre spielen, singen, sich mit befreundeten Bewohnern treffen, Kaffee trinken, kleine Tierchen häkeln – halt das Leben genießen. Neben Marianne hat es sich Roswitha auf einem Stuhl bequem gemacht, die auf manch einen zunächst etwas schüchtern wirken könnte. Aber: Stille Wasser sind ja bekanntlich tief. Ganz selbstbewusst ergreift sie dann das Wort und erzählt, dass sie ihr Zimmer sehr persönlich hergerichtet hat, gerne Karten spielt und Handarbeit macht. Am liebsten aber trifft sie sich mit ihren zwei besten Freundinnen: Marianne und Brigitte. Bilder: © Torsten Widua | © Konstiantyn – stock.adobe.com
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