79 Andrea Schimpfhauser (70) Susanne Smolej Wierl (47) „Einmal Straubing – immer Straubing“ „Indien, Spanien, Sri Lanka. Niederwinkling. Und bald …“ Wenn i in Straubing vom Bücher Pustet bis zum Plendl Bäcker eine Dreiviertel Stunde brauch’, weil ich so viele Leute treff’ auf einen spontanen Ratsch – des is’ für mi Heimat! Wenn ich im Netto bin und mich ein ehemaliger Arbeitskollege aus’m National mit „Servus, Andrea, wie geht’s dir denn?“ begrüßt und auf die Schulter klopft – des is’ für mi Heimat. Wenn ich mit meinen drei Enkeln beim Metzger drin steh’ und jeder von ihnen eine Wiener bekommt, mit den herzlichen Worten der Verkäuferin „Lasst’s es euch schmecken. Aber groß sind sie schon geworden, Andrea“ – des is’ für mi Heimat. Seit 70 Jahren lebe ich hier. Und keine zehn Pferde… ach was, keine 20 Pferde würden mich aus meiner geliebten Stadt wegkriegen. Ich bin hier geboren, im Monikaheim, als es noch da war, wenn man Geboren bin ich 1976 in Welchenberg bei Bogen. Ich weiß jetzt gar nicht, woran es liegt, dass ich so gerne meine Zelte ab- und wieder aufbaue. Vielleicht bin ich wie Juliette Binoche alias Vianne Rocher im Film „Chocolat“ und es hat etwas mit dem Wind zu tun. Vielleicht fange ich auch gerne von vorne an, lerne neue Menschen kennen und andere Städte und Länder. Fakt ist: Auch jetzt fängt der Wind bereits wieder an, die vertraute Richtung einzuschlagen. Straubing habe ich recht früh verlassen, obwohl ich einen zum Volksfest Richtung Riesenrad geht, beim Park, an der Ecke. Nie und nimmer würde ich woanders hinziehen. Nicht nach München, nicht nach Berlin, geschweige denn ins Ausland. Als meine zwei Jungs geboren wurden, sind sie in Aiterhofen aufgewachsen. Erst an der Straubinger Straße, später im Ainbracher Weg, großes Haus mit Garten. Heute hat der Älteste selbst Kinder, ist Online-Redakteur. Und der „Kloane“ wohnt in München, ist Lehrer in Germering. Nachdem dann beide aus’m Haus waren, zog’s mich zurück in die Stadt. Ich hab’ jetzt hier alles vor der Tür: Supermärkte, Banken, Schwimmbad, Parks. Und mit’m Radl bin ich in zehn Minuten beim Anderl. Der Anderl ist der Pächter vom Röhrl, und da bin i gern. Da schmeckt’s mir und man kann die Leut’ beobachten und trifft immer wen, der vorbeiläuft, den man kennt. Klar, Straubing hat sich verändert. Früher gab’s das Waikiki, das 38b, das National, das Tanzcafé Rohrmeier, das Roxy und vieles mehr. Heute ist Straubing anders. Nicht schlechter, nur anders. Eine Studentenstadt mit vielen jungen Leuten, die frischen Wind reinbringen. Und ich als ehemalige Servicekraft, Gas- tronomin und Taxifahrerin – ich mag’s, wenn’s bunt zugeht. Straubing ist familiär. Man grüßt sich. Die Leute sind offen und net solche Sturschädel, wie es uns de Preiß’n manchmal nachsagen. Mir samma halt gerne unter uns. Und wer das mag, ist in Straubing genau richtig. Mi kriagt hier koana weg! Wie heißt’s so schön: I bin gekommen, um zu bleiben. tollen Freundeskreis hatte. Eigentlich das Wichtigste in der Pubertät, aber ich wollte einfach raus. So bin ich erst mal nach Ortenburg bei Passau in ein Internat gegangen und mit 16 Jahren dann nach Regensburg gezogen. Das fühlte sich schon viel besser an. Von dort ging es für ein Jahr nach Nürnberg, dann nach München und da blieb ich für sieben Jahre. München war bunt, abwechslungsreich und bot mir einen großartigen Job. Ich fing als Hospitantin bei einer Produktionsfirma an und blieb, bis ich Redaktionsleitung war. Das hätte auch ewig so weitergehen können, denn ich liebte, was ich tat und hatte auch hier wieder einen Freundeskreis, in dem ich mich wohlfühlte, eine schnuckelige Wohnung in Nähe der Isar und alles, was „frau“ sich wünschen kann. Und plötzlich stand ich da, auf dem Parkplatz der Firma, eine weitere Beförderung stand an und ich hatte dieses Gefühl in meinem Bauch, das so laut war – ich konnte es nicht überhören. Ich ging zu meinem Chef und kündigte. Noch am selben Tag kündigte ich auch meine Wohnung Bild: © Susanne Smolej Wierl | © Anja Kaiser – stock.adobe.com Bilder: © Marco Schimpfhauser | © Anja Kaiser – stock.adobe.com
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