espresso 14 ich stand extrem gern in der Werkstatt. Es war auch ein toller Ausgleich zu meinen Dreharbeiten und dem Theaterleben. Dein teuerstes Möbelstück? Wahrscheinlich das original Bauhaus Regal von 1920. Es stand in der Villa Lenbach in München und gehörte Paul Klee. Ich habe es aus seinem Atelier. Da dieses Möbel verbrieft ist, ist es mittlerweile schon extrem wertvoll. Es gibt eine irre Geschichte zum Portrait deiner Großmutter. Erzählst du sie uns? Das Portrait zeigt meine Oma in den 30er Jahren als kleines Mädchen. Damals war es in großbürgerlichen Familien in Prag noch Tradition, Kinder in Öl portraitieren zu lassen. Im August 1968 haben meine Urgroßeltern und kurz darauf meine Großeltern mit meiner Mutter und meinem Onkel fluchtartig das Land verlassen. Wir wurden enteignet und unsere Immobilien blieben möbliert zurück und wurden von den Kommunisten weitergegeben. Das Bild war verschollen. Anfang der 90er Jahre ist meine Uroma Maria aus München zurück nach Prag emigriert. Eines Tages klingelte es an der Tür ihrer Prager Wohnung und eine ältere Dame überreichte meiner Uroma dieses Bild ihrer Tochter (meiner Oma). Die Frau hatte es hinter einem Schrank gefunden, der dort noch immer seit der Zeit der Flucht in der Wohnung stand. Sie hatte recherchiert, dass diese Wohnung ursprünglich meiner Familie gehörte. Als die Dame herausgefunden hatte, dass meine Uroma zurück in Prag war, hat sie ihr das Bild kurzerhand gebracht. Diese Frau hat das Bild über Jahrzehnte gehütet, ohne uns zu kennen. Diese Geschichte hat mich so krass berührt, meine Oma hat mir das Portrait jetzt vermacht. Es hat eine sehr tiefe Bedeutung für mich. Es ist ein echtes Symbol für Menschlichkeit. Was sind deine Erinnerungen an deine Heimat und deine Kindheit? Meine Mutter sagt immer, ich wollte einfach, dass wir dazu gehören und dass wir ganz normal sind. Mein Bruder wurde in Granada, Spanien geboren und meine Mutter musste nach der Flucht aus der Tschechoslowakei nach Dänemark, schließlich schwanger weiter nach Spanien und von dort, mit meinem frisch geborenem Bruder auf dem Arm, vor den Faschisten fliehen. Zuerst nach Belgien, dann nach Bayern. Meine Mutter mit 21, mit zwei Kindern, mein Vater mit drei Kindern aus erster Ehe, haben sich mit uns in ein kleines Mühlhaus am Fluss in Oberbayern zurückgezogen und versucht, ein normales Leben zu leben. So idyllisch wie möglich. Es war auch märchenhaft. Mit echtem Mühlrad und Streuobstwiesen, weit und breit kein Mensch außer uns. Tschechisch sprechen sollten wir nicht. Wir sollten „Deutsch“ sein. Die Familie komplett zerstreut, waren wir irgendwie ein bunter Haufen. Ich glaube, das hat sich nie geändert. Meine Mutter hat dann eine eigene Tanzschule gegründet, so kamen meine Geschwister und ich zum Tanz, das war schon super und hat mich nachhaltig geprägt. Ein Gefühl von „Heimat“ kenne ich nicht. Irgendwie bleibt man fremd. Auch die regelmäßigen Besuche im für mich total heruntergekommen Prag haben mir eigentlich nur „Fremdsein“ vermittelt. Später habe ich in meinem Studium des lyrischen Schreibens ein kurzes Gedicht über dieses Gefühl meiner Kindheit geschrieben. Prag ´84 Da hat der Rost ein Loch ins Ortsschild und in die Kindheit gefressen So war Heimat überall eine Leerstelle, ein Loch in einem Ort. Ein „Nicht Ort“ Daniel in seiner Wohnung. Hinter ihm hängt das Portrait seiner Großmutter.
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