espresso Magazin im April 2024

espresso 14 Herr von Benkel, wovon lebt eine Gesellschaft? Die Gesellschaft, auch die deutsche, lebt vom Austausch. Migration gibt es nicht erst seit Kurzem. Migration hat es immer gegeben. Genetisch sind wir alle Mischwesen aus allen möglichen Gedenken der Erde. Auch der Austausch von Wissen dient allen. Es gibt keine deutsche Mathematik oder gar arische Biologie. Die Völker der Welt haben alle zum Weltwissen beigetragen. Bringt Migration mehr Vor- oder Nachteile? Selbstverständlich bringt Migration auch Probleme mit sich. Aber Probleme, die lösbar sind und gelöst werden müssen. Schon weil die Vorteile der Migration bei weitem überwiegen. Es ist eine Binsenweisheit, dass Deutschland Migranten braucht, schon um unseren Wohlstand aufrechtzuerhalten. Alle Branchen suchen händeringend nach Arbeitskräften; mit Deutschen allein werden wir das nicht in den Griff bekommen. Wir müssen Menschen von außerhalb aufnehmen, damit sie als Teil unserer Gesellschaft am Erhalt unserer Infrastruktur und unseres Wirtschaftssystems mitarbeiten. Sie können gelehrt werden, Deutsch zu sprechen und eine Ausbildung zu machen. Das ist eine Chance und kein Verlustgeschäft. Schon jetzt bringen die Migranten, die seit 2015 in unser Land gekommen sind, mehr ein als sie kosten. Menschen sollten zwar nicht unter Kostengesichtspunkten gesehen werden, aber auch dem Argument, was uns Migration kostet, kann man schlicht entgegenhalten: Weniger als sie einbringt. Kann man sich eine Kultur in Deutschland ohne fremde Einflüsse überhaupt vorstellen? Deutschland ist nicht das geworden, was wir sind, weil wir alleine auf uns gestellt, ohne Hilfe von Außen, alles hier erbaut hätten. Dabei haben schon seit Urzeiten Migranten beigetragen und sind Teil unserer DNA geworden. Kultur in Deutschland wäre ohne fremde Einflüsse schlicht nicht denkbar, gerade hier gibt es keine Grenzen. Abgesehen davon, werden wir in Deutschland die großen Probleme unserer Zeit nicht alleine lösen können. Die EU mit all ihren unterschiedlichen Mitgliedern ist bereits stärker als Deutschland es alleine wäre, auch und gerade zum Vorteil Deutschlands. Gerade durch die neuen Medien sind weit entfernte Länder auch subjektiv näher gerückt, auch aus deren Sicht. Denn man sollte nicht vergessen: Auch aus Deutschland migrieren Menschen in fremde Heimaten. Es ist ein Geben und Nehmen. Michael von Benkel ist Künstler, Buchautor und Musiker. In seinem anderen Leben ist er der Richter Michael Fein. Wir haben ihn in seinem Büro im Amtsgericht in Ingolstadt getroffen. Als Mischwesen. Rockend. In Robe. Mit Gitarre. Auf einem Sideboard. Foto: Stefanie Herker

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