espresso - 10/2020
PEOPLE 20 “ Leider wird noch viel zu oft das Wort Feminist:in als etwas radikales gese- hen und oftmals sogar mit „Emanze“ gleichgesetzt. Das finden wir sehr schade, denn wir sind der Meinung Fe- minismus ist eine Mindset-Einstellung und wir kennen auch tolle Männer, die bekennende Feministen sind und sich für mehr Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft einsetzen. Deswegen möchten wir nochmals betonen, dass sich unser Angebot an alle - ganz unabhängig von jegli- chen Persönlichkeitsmerkmalen - richtet, die an sich und ihremMindset arbeiten wollen sowie gemeinsam mit uns die Themen Gleichberechtigung und Diver- sität in die Mitte der Gesellschaft bringen wollen, denn nur gemeinsam können wir etwas bewegen. Warum spielen die Werte Respekt und Toleranz für euch eine so große Rolle? Werte sind etwas, die sich bereits in frühester Kindheit ausbilden und uns ein Leben lang begleiten. Klar können sichWerte über die Jahre auch verändern, aber der Grundstock bleibt meistens. Zu Beginn unserer Unternehmung haben wir uns gefragt, was uns ausmacht und wofür wir – also Sarah und Julia – stehen, was unsere Unternehmens-DNA ist. Viel zu oft kommt es nämlich vor, dass sich Unternehmen gewisse Werte auf die Fahne schreiben, die sie eigentlich nicht wirklich leben, es sich aber nach außen gut anhört. Das wollten wir bei unserem eigenem Startup vermeiden. Deshalb haben wir – noch bevor wir genau wussten, wie die konkrete Business Idee aussehen wird – uns einenWerte- bogen ausgedruckt, den man überall im Internet findet, und einzeln ausgefüllt. Dabei wurde schnell klar, dass gerade Toleranz und Respekt für uns beide sehr wichtig sind und dass wir bei allem, was wir so tun wollen, genau darauf achten wollen. Das fängt an bei der Produktion unserer #YOURVOICE Shirts, die 100% nachhaltig und fair sind, und hört auf bei derWahl unserer Bank. Man muss nämlich wissen, dass viele Banken sehr viel Geld in die Rüstungsindustrie investie- ren – ein Gedanke, der mit unserenWerten einfach nicht konform ist. Wo hört eure Toleranz auf? Toleranz hört für uns da auf, wo Diskriminierung anfängt, sei es nun imKleinen oder Großen. Auch wir mussten bereits Diskriminierung imAlltag – sei es nun bzgl. Geschlecht oder Alter – erleben. An dieser Stelle macht es jedoch nochmals einen großen Unterschied, ob die Diskriminierung bewusst oder unbewusst erfolgte. Unser Tipp an dieser Stelle: Sollte man sich mit einer Aussage oder Situation unwohl oder gar diskriminiert fühlen, immer ansprechen und erklären, was das mit einemmacht. Die Reak- tionen darauf können unterschiedlich sein und erfordern auch ein gewisses Maß an Empathie und Selbstreflexion des Gegenübers. Manche zeigen sich verständnisvoll, manche reagieren beschämt, andere wiederumwiegeln ab und verharmlosen. Egal wie die Reaktion des Gegenübers ausfällt, man sollte sich selbst klar machen, dass es gutes Recht ist, sachlich aber bestimmt darauf hinzuweisen, wenn Grenzen überschritten werden. Wichtig dabei: Sich bewusst machen, dass man nicht selbst das Problem ist, sondern dass das Gegenüber scheinbar ein Problem oder einenMangel anWissen hat. Wie kann Diskriminierung imAlltag aussehen? Wir Gründerin von Bloomy Days und The Siss Bliss, oder Lea Sophie Cramer, Gründerin von Amo- relie, um nur ein paar Namen zu nennen. Aber auch hier in Ingolstadt gibt es kreative und innovative Köpfe, die uns in unseremTun bekräf- tigt und inspiriert haben, wie z.B. Aylin Celene Ucak, Gründerin von Amila Porter, oder Susi Braun, Bloggerin und Gründerin von HeySister. Eure Arbeit erfordert bestimmt ein großes Maß an Selbstreflexion. Was sind eure Schwächen und wie arbeitet ihr daran? Selbstreflexion ist durchaus ein wichtiges Thema, demwir uns auch in regelmäßigen Abständen alleine und imTeam widmen. Viele gehen davon aus, dass wir automatisch immer alles richtig machen – gerade was Political Cor- rectness angeht. Aber auch wir sind nicht unfehlbar. “ Bei fast allen Menschen – auch bei uns – ist es so, dass sich gewisse ge- sellschaftliche Denkmuster über die Jahrzehnte eingebrannt haben und dass man in gewissen Situationen schnell zu Schubladendenken neigt, weil es ein einfacher und schneller Automatismus unseres Gehirns ist. Dadurch entstehen Vorurteile und Diskriminie- rung. Somit müssen auch wir an der einen oder anderen Stelle noch viel lernen. Umso wichtiger ist für uns der Austausch mit anderen, umFeedback zu erhalten, das einemwiederumweiterbringt. Ähnlich wie in der Nachhaltigkeitsdebatte gilt auch hier: Man darf nicht zu streng mit sich sein und darf nicht davon ausgehen, automatisch alles immer richtig zu machen. Man muss bereit sein, zuzuhören und sich weiterzubilden. Wie kommt euer Mindset in eurem Umfeld an? Seid ihr Inspirationsquelle oder eckt ihr oft auch an? Sowohl als auch – für viele sind wir tatsächlich Inspira- tionsquelle, für viele aber auch im erstenMoment eher befremdlich. Das liegt jedoch oftmals stark daran, dass sich manche einfach nichts Konkretes unter unserer Arbeit vorstellen können. Hier hilft meist schon ein offenes Gespräch, um die Leute doch von uns zu über- zeugen. Solche Gespräche können natürlich auch Rei- bungspotenzial erzeugen, was wir jedoch nicht weiter schlimm finden – jede:r sollte eine eigene Meinung haben dürfen. Wir müssen auch nicht jedem gefallen. Julia und Sarah, vielen Dank für eure offenen Worte und viel Erfolg auf euremweiteren Weg. hatten vor kurzem ein interessantes Gespräch über Alltags-Rassismus mit unserer Community-Host Sarah Stock, die sich selbst als Person of Color bezeichnet. Das fängt an bei kleinen, vermeintlich „scherzhaften“ Bemerkungen bzgl. der Hautfarbe aus dem privaten Umfeld an und hört bei Farbe von Pflastern, die meist hell sind, auf. Für uns viele Aha-Momente, da wir selbst aufgrund unserer hellen Hautfarbe noch nie Rassismus ausgesetzt waren. Und genau das möchten wir mit der Allgemeinheit teilen, um zu sensibilisieren. Unter anderem hat Sarah ihre Erlebnisse und Erfahrungen in einem Blogbeitrag auf unsererWebsite festgehalten. Welche Vorbilder und Erlebnisse haben euch auf den Weg gebracht, auf dem ihr euch jetzt befindet? Wir wurden vor allem stark von vielen tollen Persönlichkeiten aus der Berliner Startup-Szene inspiriert, die wir imRahmen der FEMALE FUTURE FORCE kennenlernen durften. Beispiele sind Franziska von Hardenberg,
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