espresso Magazin im Februar

91 POLITIK Bildung immer von besonderer Bedeutung, weil sie Chancen ermöglicht. Wahlkampferfahrung bringen Sie ja bereits mit. Bundestagswahlkampf 2017, Landtags- wahlkampf 2018. Zweimal hat’s mit dem Ein- zug ins Parlament nicht geklappt. Aller guten Dinge sind drei, oder? Der Bundestagswahlkampf war dazu da an Be- kanntheit zu gewinnen. Beim Landtagswahlkampf war es schade, weil ich auf Platz 8 gestartet bin, aber das Ergebnis der FDP in ganz Bayern ausbau- fähig war. Dann kann es auch mal nicht reichen. In Ingolstadt war das Wahlergebnis aber überdurch- schnittlich. Die FDP konnte in Ingolstadt noch nie mehr als einen Stadtratssitz erreichen. Das ist korrekt. Die FDP Ingolstadt war immer eine recht kleine Partei, wir sind aber stark amwachsen. In einem Ingolstädter Blog wurde gemutmaßt, es sei Taktik, Herrn Ettinger auf Listenplatz 2 zu setzen und Sie auf 1, damit beide in den Stadtrat einziehen. Nein, das ist nicht nur ein taktisches Spiel. Ich habe auch durchaus vor, den OB-Wahlkampf ernsthaft zu führen, weil ich glaube, dass diese Stadt neue Impulse benötigt und dass ich in der Lage wäre diese zu geben. Von welchen Impulsen sprechen Sie? Bildung haben wir bereits angesprochen. Im Bereich Mittelstandspolitik brauchen wir weite- re Impulse. Wenn ich sehe, dass unser Parteimit- glied Dr. Wack Ingolstadt mit seiner Firma verlässt und nach Baar-Ebenhausen geht, dann verlassen uns damit auch die Gewerbesteuer, hochqualifi- zierte Mitarbeiter und Chancen für die Stadt. Da müssen wir in Zukunft deutlich gegensteuern. Nicht nur, dass uns niemand verlässt, sondern auch, dass wir Leute nach Ingolstadt ziehen. Wir sind sehr abhängig von der tollen Entwicklung, die die Audi AG genommen hat. Wir sind abhängig von diesem einen Teil der Wirtschaft – dem Auto- mobilsektor. So dürfen wir künftig nicht weiterfah- ren. Es ist wichtig, dass Audi stark bleibt, aber wir müssen versuchen andere Diversifizierungen zu finden und in anderen Wirtschaftsbereichen stark zu werden. Dazu muss man sagen, dass es auch noch einem anderen großen Unternehmen in In- golstadt nicht gerade blendend geht, um es vor- sichtig auszudrücken – nämlich MediaSaturn. Zu- mindest ist das Medienberichten zu entnehmen. Was wären konkrete Ideen? In einem ersten Zug wäre eine Gewerbesteu- ersenkung denkbar. Aber auch bei den Grund- stückspreisen müssen wir noch einmal in uns gehen und uns überlegen, ob wir den mittelstän- dischen Unternehmen damit ein attraktives Ange- bot machen. Es gibt natürlich noch viele andere Bereiche. Wir haben in Ingolstadt wahnsinnig viel Zuzug. Ingolstadt ist sehr stark gewachsen, die Re- gion 10 noch stärker. Vielleicht sogar zu schnell, was sich eventuell am Wohnungsmarkt widerspiegelt? Ich glaube nicht, dass Ingolstadt zu schnell ge- wachsen ist. Wir haben gesehen, dass der Woh- nungsmarkt sehr angespannt war. Aber was wollen wir machen? Audi verbieten neue Leute einzustellen, wenn’s gut läuft? ES GAB DURCHAUS ZEI- TEN, DA HAT MIR DIE FDP ÜBERHAUPT NICHT GESCHMECKT Nein, aber Lösungen sollte es dann doch ge- ben, um den Immobilienmarkt zu entspannen. Richtig, deswegen würde ich nicht sagen, wir seien zu schnell gewachsen, sondern, dass wir nicht schnell genug reagiert haben, um mit der Nachfrage nach neuem Wohnraum mitzuhalten. Ingolstadt ist eine Großstadt mit einer sehr ho- hen Einfamilien- und Zweifamilienhausdichte. Die Stadtspitze und der Stadtrat haben in der Vergan- genheit viel flächiges Bauen ausgewiesen, wobei die Kapazität an Einwohnern sehr begrenzt ist. Erst in den letzten Jahren sind Baugebiete projektiert worden, die eine deutlich höhere Aufnahmekapa- zität haben. Es gehört auch ein wenig zumWachs- tumsschmerz einer Großstadt, neue Wohnformen zu finden. Wachstum bringt neben der Wohnpro- blematik aber auch eine Verkehrsproblematik: Wir müssen uns mehr über den ÖPNV und die Ver- besserung der Straßen- und Schieneninfrastruktur unterhalten. Nur wenn wir alle Verkehrsbereiche gleichzeitig angehen, können wir der Nachfrage Herr werden. Ich hoffe, Ingolstadt wächst weiter. Bayern wächst entlang der ICE-Trassen zwischen Nürnberg und München und München und Augs- burg. Da liegt Ingolstadt mittendrin. Ich sehe ei- gentlich keinen Grund, selbst wenn mittelfristige Schwankungen kommen sollten, dass Ingolstadt zum Detroit 2.0 wird. Der OB-Kandidat der Linken, Christian Pauling, hat in einem Interview mit uns die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung gefordert, um leerstehende Immobilien dem Wohnungs- markt zuzuführen. Ihr Standpunkt dazu? Nicht nur er, auch die BGI fordert das. Wir haben viele Möglichkeiten, weitere Wohnkapazitäten zu schaffen. Nehmen wir folgenden Fall: Sie haben ein Grundstück, auf dem Ihre Kinder nach dem Studium einziehen sollen. Schwierig, oder? Es ging ihm in erster Linie um leerstehende Gewerbeimmobilien. Ja, die gibt es auch in Ingolstadt. Auch hier glau- be ich, dass zuerst der Markt das regelt. Wenn die Preise der Gewerbeimmobilien hoch genug werden, dann wird auch verkauft werden. Zum an- deren sehe ich nicht, dass wir in Ingolstadt beson- ders hohe Leerstandsquoten hätten. Um zu recht- fertigen, dass wir jemanden zwingen etwas zu tun, brauchen wir aus meiner Sicht sehr starke Gründe. Zum Beispiel? Dass wir überhaupt keinen Platz mehr im Stadt- gebiet haben. Das sehe ich aber nicht. Wir haben in Weiherfeld große Gewerbegebiete, die mit Audis belegt sind. Bevor wir nicht hier Gewerbe ansiedeln, müssen wir andere nicht zu etwas zwin- gen. Wir haben aktuell nicht das Problem, dass wir zu wenig im Angebot habe. Deswegen bin ich gegen eine Zweckentfremdungssatzung. Waren Sie eigentlich schon immer FDP-Wähler? Sie meinen seit meiner Kindheit? Seit Sie wahlberechtigt sind. Nein, war ich nicht. Es gab durchaus Zeiten, da hat mir die FDP überhaupt nicht geschmeckt. Zu welchen Zeiten? Vor 2013, vor dem Rausschmiss aus dem Bundes- tag, lief nicht alles glücklich in der FDP. Ich konnte mir nicht vorstellen, Herrn Möllemann zu wählen. Was ich aber schon immer hatte, war ein liberales Gedankengut. Das hatte ich in der FDP aber vor der Reform nicht so stark verankert gesehen. Die

RkJQdWJsaXNoZXIy MTYzMjU=