espresso Magazin im Februar

vorantreiben. Indem man die Angebote erhöht, könnte man sogar neue Arbeitsplätze schaffen. Wie würden Sie den ÖPNV in Ingolstadt attrakti- ver machen? Einerseits müssen die Tarife günstiger sein. Wir fordern das 150-Euro-Jahresticket und das 1-Euro-Tagesticket. Der ÖPNV muss so billig sein, dass er klar die günstigere Alternative zum Auto ist. 150 Euro ist der Preis, den ich als Audianer in Ingol- stadt für den Bus zahle. Bei dem Preis ist der ÖPNV immer die billigere Variante. Sind günstigere Preise alleine ausreichend, um wieder mehr Menschen zum Busfahren zu be- wegen? Man braucht auch bessere Taktungen und mehr Linien, um höhere Fahrgastzahlen zu erreichen. Das wird die Stadt natürlich viel Geld kosten. Aber man muss immer dagegen rechnen, was man dabei einspart. Man spart sich Investitionen in Straßen, weil die Anzahl der Autos auf den Straßen sinken wird. Beim Ausbau der Ettinger Ostumgehung investieren wir 36 Millionen für zwei Abschnitte. Für die Summe könnte man einiges an ÖPNV fördern. E-Motor oder Hybrid? Grundsätzlich bin ich für batteriebetriebene Busse. Wichtig ist, dass die Fahr- zeuge an den Bedarf angepasst werden. Bei einem Fahrzeug, das viel Kurzstrecke fährt, ist die Batterie auf jeden Fall richtig. Bei Überlandbussen wäre dann der Hybrid-Antrieb das Richtige. Ich persönlich fahre seit sechs Jahren ein Elektroauto. Das ist genau die- ses kleine Stadtauto, das für den Stadtverkehr opti- miert ist und auch nur dort eingesetzt wird. Wenn ich den Bedarf habe, eine größere Entfernung zurückzu- legen, dann wechsle ich das Verkerhsmittel. Dieses Denken muss aber auch bei den Nutzern gefördert werden. Zum Beispiel über Carsharing-Konzepte. Warum wird das in Ingolstadt noch nicht getan? Das ist uninteressant für die Stadt. Audi ist momentan noch nicht so weit, dass sie es als Pilot in Ingolstadt betreiben wollen, weil Ingolstadt zu klein dafür ist. Und die Stadt selber hat auch kein Interesse daran, weil Ingolstadt strukturell schlechte Voraussetzungen hat. Aber man muss Ingolstadt auch nicht immer als oberstes Ziel nehmen. Wenn ich eine Änderung in der Denkweise der Menschen erreichen möchte, kann das auch über andere Städte wie zum Beispiel München klappen. Dort funktioniert Carsharing und man sieht, dass es Alternativen gibt. Das war auch der Grund, weshalb ich mein Elektroauto damals unbedingt haben wollte. Um zu zeigen, dass es Al- ternativen gibt. Da könnte doch auch Ingolstadt als Vorbild vorausgehen. Wir haben seit 3 Jahren einen Antrag laufen zur Förderung der E-Mobilität. Von E-Fahrrä- dern bis zu Kleinfahrzeugen. Unser Antrag ist jetzt aber erst einmal im Nachhaltigkeitsprogramm der Stadtverwaltung einkassiert worden. Der Antrag wurde abgelehnt? Nein, er wurde in das Nachhaltigkeitsprogramm mit aufgenommen. Das Programm ist Anfang 2019 gestartet. Jetzt gera- de wird eine Ist-Analyse durchgeführt. Dann kommt ein Katalog von möglichen Maßnahmen, die dann in Bürgerbeteiligungsprozessen weiterlaufen und dann irgendwann umgesetzt werden. Da ist unser Antrag mit drin, wie viele andere Anträge auch. Das wird jetzt alles einkassiert, nach dem Motto: wir machen etwas für die Nachhaltigkeit. Aber es wird nichts passieren die nächsten zwei, drei Jahre. So lange dauert es, bis erste Entscheidungen getroffen werden. Unterstellen Sie der Stadtspitze, dass das be- wusst so gehandhabt wurde, um bestimmte Themen zu verschleppen? Wir unterstellen schon, dass das Thema Nachhaltigkeit absichtlich vor der Wahl platziert wurde. Und dass man durch das Nach- haltigkeitsprogramm alles bis nach der Wahl verzö- gert, damit bis dahin keine Nachhaltigkeitsziele der anderen Parteien durchgesetzt werden. Das ist sicher berechnend. Es wurde in den letzten Jahren viel über das zu- nehmend schlechte Klima im Stadtrat berichtet. Fühlen Sie sich dort noch wohl? Ich fühle mich in- effizient. Man macht viel und es kommt wenig dabei heraus. Das liegt daran, dass die eigene Arbeit in diesem Stadtrat verpufft. Alles was von der falschen Seite kommt, ist so gut wie nicht existent. Wem geben Sie dafür die Schuld? Lösel und Witt- mann fördern diese Variante, dass es so läuft wie es jetzt läuft. Die sind damit sehr zufrieden. Es gibt Kol- legen in der CSU, die das anders machen würden, wenn sie etwas zu sagen hätten. Aber die CSU ist sehr streng geführt im Stadtrat, sodass die beiden dort bestimmen, was entschieden wird und was nicht. Und trotzdemwollen Sie weiter Teil des Stadtrats bleiben? Durch die Wahl wird sich auf jeden Fall et- was ändern. Meine große Hoffnung ist, dass es sich in die positive Richtung ändert. Wichtig wäre, dass Anträge im Stadtrat ergebnisoffen diskutiert werden. Was heute nicht stattfindet. Heute werden die Anträ- ge in den Fraktionen vorbesprochen und von diesen Meinungen wird nicht mehr abgewichen. Die Dis- kussionen im Stadtrat sind dann eigentlich umsonst. In meinen zwei Jahren als Stadtrat habe ich es nicht erlebt, dass sich jemand von der CSU von einer ande- ren Meinung überzeugen ließ. Warum haben Sie die Hoffnung, dass sich das Verhalten der CSU ändern könnte? Ich hoffe, dass sie nicht mehr die Mehrheiten haben werden, die sie heute noch haben. Sie müssen dann andere Parteien für ihre Vorhaben gewinnen und dadurch müssen sie offener agieren. Unabhängig davon, wie viele Sitze sie haben, solange sie mit ihren direkten Bündnispartnern nicht dieMehrheit haben, wird das funktionieren. Aber in puncto Arbeitsklima haben Sie keine Hoffnung? Ich hoffe auf die Wahlschlappe für die CSU. Und ich hoffe, dass es ein Anstoß sein wird, zu überlegen, was man ändern kann, damit es bes- ser läuft. Das ist eine Chance für die Stadt und für den Oberbürgermeister. Festzustellen, dass nicht alle hinter einem stehen, man nicht alles behaupten kann und wirklich mit den Leuten reden muss, um herauszufinden, was sie wirklich wollen. Die AfD wird voraussichtlich ein paar Sitze im Stadtrat erringen. Wie würden Sie mit diesen Stadträten umgehen? Sollte man sie einbezie- hen, ignorieren oder gar nicht an den politischen Diskussionen teilhaben lassen? Die AfD ist für mich eine Partei, die versucht, die Demokratie zu untergraben. Deshalb werde ich definitiv nicht mit ihr zusammenarbeiten. Ziel ist es eigentlich, dass man bessere Anträge schreibt, durch die man dann die Anträge der AfD als schlechtere Anträge deut- lich ablehnen kann. Als demokratische Partei kann man immer bessere Varianten als die AfD schaffen. Aber Sie würden die AfD als gleichberechtig- te Partei akzeptieren? Nein, ich würde sie schon versuchen auszugrenzen, auf das Notwendigste zu reduzieren. Mit den Mitteln, die einem demokra- tisch zur Verfügung stehen. Man kann sie nicht ig- norieren, man muss schon wirklich gezielt dagegen arbeiten. Dadurch wird sich die Stimmung im Stadtrat wahr- scheinlich noch mehr aufheizen. Ich habe ja vorhin gesagt, dass sich auf jeden Fall etwas durch die Wahl ändern wird. Das wäre die ne- gative Veränderung. Dass die AfD so stark wird, dass sie den Laden arbeitsunfähig macht. 96 POLITIK

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