espresso - 07/2020
57 Anzeige LEBEN Wir kennen es von Leitungsrohren: Zunächst haftet sich nur wenig Kalk an, über die Jahre nehmen die vorhandenen Ablagerungen jedoch zu, bis es schließlich zu einer Verengung kommt. Genauso ist es an den Gefäßen im Körper. Leider merkt ein Patient dies erst, wenn ein Gefäß mit mehr als 70 Prozent verengt ist. Typische Warnsignale, bevor es zu einem tatsächlichen Herzinfarkt kommt, sind oftmals Druck auf der Brust – zunächst bei Belastung, später aber auch in Ruhe. Dann ist sofortiges Handeln notwendig. Leider ist bei vielen Patienten der Herzinfarkt das erste Zeichen der Gefäßverengung. Umso wichtiger ist es, seinen Cholesteringehalt im Blut immer wieder zu kontrollieren. Wodurch wird der Cholesterinspiegel beein- flusst? Ein zu hoher oder niedriger Cholesterinspie- gel wird durch zwei verschiedene Ursachen beeinflusst. Ein entscheidender Faktor liegt in den Genen, um genau zu sein, in 150 verschiede- nen Genen, die nach derzeitigem Kenntnisstand den Blutfettspiegel beeinflussen. Wer an einem zu hohen Cholesterinspiegel leidet, sollte seine „schlechten Gene“ jedoch nicht als Ausrede ver- wenden. Denn der andere beeinflussende Faktor auf unseren Blutfettspiegel ist der persönliche Lebensstil: Die Zusammensetzung der Ernäh- rung sowie unser Bewegungspensum haben ebenfalls einen großen Einfluss auf unseren Cholesterinspiegel. Welche Rolle spielen die Gene? Es gibt auch angeborene Fettstoffwechselstö- rungen, wie die familiär vererbte Hypercholes- terinämie. Hier ist es wichtig, sie rechtzeitig zu erkennen. Oft haben die betroffenen Patien- ten Cholesterinwerte über 300 mg/dl bzw. LDL-Cholesterin-Werte über 190mg/dl und in der Vorgeschichte finden sich häufig mehrere frühe Herzinfarkte in der Familie – bei Männern vor dem 55. Lebensjahr, bei Frauen vor dem 60. Lebensjahr. Sollte eine familiäre Hypercholesteri- nämie bekannt sein, ist es umso wichtiger, andere Risikofaktoren zu vermeiden bzw. gut einzustel- len und präventiv tätig zu sein. Was raten Sie Patienten mit zu hohem Choles- terinspiegel? An erster Stelle müssen Betroffene ihren Lebens- stil optimieren. Neben der Vererbung steckt hin- ter einem erhöhten Cholesterinspiegel meistens eine ungesunde, unausgewogene und fetthaltige Ernährung sowie wenig Bewegung. Ich empfehle eine mediterrane Ernährung, also viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Nüsse, Öl, Fisch und we- nig Fleisch. Damit lässt sich der LDL-Blutspiegel um bis zu 20 Prozent senken. Damit einherge- hend sollte eine Gewichtsreduktion angestrebt werden mit einem Ziel-BMI von 25. Um sein Bewegungspensum aufzustocken, empfehle ich an fünf Tagen die Woche mindestens 30 Minuten moderate Bewegung am Tag. Von Bodybuilding rate ich dagegen ab, da Pressatmung wiederum den Blutdruck erhöht – dies wäre im Falle einer Arterienverkalkung kontraproduktiv. Grund- sätzlich sollte sich aber jeder Betroffene vor Trainingsbeginn ärztlich untersuchen und den Blutdruck gut einstellen lassen. Wie sieht es mit Eiern aus? Hier hört man immer wieder Unterschiedliches – die einen sagen, sie seien schlecht für den Cholester- inspiegel, andere wiederum behaupten das Gegenteil. Verbotene cholesterinreiche Lebensmittel gibt es nicht mehr. Es sollten nicht mehr als 300 mg Cholesterin pro Tag verzehrt werden. Tatsäch- lich ist man auch von der negativen Empfeh- lung von Eiern abgekommen. Denn, in Maßen gegessen, können Eier und auch Krustentiere zum Beispiel Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Worauf sollte man besser verzichten? Nahrungsmittel, die man nicht in großen Mengen zu sich nehmen sollte und die mit fettarmen Alternativen mit einem hohen Gehalt an unge- sättigten Fettsäuren ersetzt werden sollten, sind Milchprodukte wie Käse, Butter, Milch und Sah- ne, aber auchWurst und Fleischwaren von Rind- oder Schwein wie Hackfleisch, Würstchen oder Aufschnitt sowie Fertiggerichte und Süßspeisen. Dinge also, bei denen sich viele Menschen mit dem Verzicht sicherlich hart tun… Wichtig ist eine bewusste Ernährung, keiner will ständig verzichten. Das, verbunden mit einem aktiven Lebensstil, ist in der Regel ausreichend. Dann darf man sich auch ab und zu mal etwas gönnen. Man sollte sich bewusstmachen, dass man eben nicht täglich z. B. Eier oder einen Schweinebraten isst. Hier finde ich ein Zitat von GeraldWüchner, Koch und Autor, sehr passend: “ Essen ist eine Notwendigkeit. Aber mit Verstand zu essen, ist eine Kunst . WE L C H E P E R S O N E N - G R U P P E I S T B E S O N D E R S D U R C H Z U H O H E C H O L E S T E R I NWE RT E B E T R O F F E N ? Prof. Seidl: Leider vor allem übergewichtige Patienten. ◊ U R SAC H E I S T . . . 1 Zu fettreiche Ernährung ◊ 2 allgemein ungünstige Lebensführung inkl. Rauchen & übermäßiger Alkoholkonsum ◊ 3 Krankheiten z.B. Unterfunktion der Schilddrüse, Zuckerkrankheit, angeborene Fettstoffwechsel- störung ◊ F R AU E N ...trifft es laut Prof. Seidl in der Regel etwas später, da sie aufgrund ihrer Hormone eine Zeit lang besser geschützt sind.
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