espresso - 06/2020
32 PEOPLE Wie hat der Unfall Ihre Wahrnehmung und Ihr Denken über das Leben beein- flusst? Meine Wahrnehmung ist verändert. Ich schaue nur noch, ob eine Aktion Sinn für die Zukunft macht. Ich bin Großvater von Zwillingsbuben. Ich kann nur ahnen, was auf die Jungs zukommen wird. Sie haben nach dem Koma direkt wieder als Landrat kandidiert und die Wahl mit großem Abstand gewonnen. Warum haben Sie sich damals keine Pause gegönnt? Die Ärzte haben wirkungs- volle Schmerzmittel und ich fühlte mich im Wachzustand voll handlungsfähig. Da betrügt einen der eigene Körper. Ich musste immer wieder zurückgehalten werden, damit ich nicht schon nach drei Monaten in die Arbeit gehe. Nach Ihrer Rückkehr ins Amt nach dem Unfall konnte man bei Ihnen ein Um- Ich bin einfach froh, wieder arbeiten zu können. L N I E W I E D E R Seine große Leiden- schaft Motorradfahren hatMartinWolf sicher- heitshalber eingestellt denken beobachten. Digitalisierung und Klimawandel wurden Ihnen wich- tiger, so schien es von außen. Wie kam es dazu? Diese beiden Themen sind entscheidend für Existenz undWohlstand einer künftigen Gesellschaft. Bei Digitali- sierung ist die Konkurrenz weltweit groß. Wer keine Rohstoffe hat, macht das. Der Klimawandel ist schneller zum Existenzthe- ma geworden, als ich es selbst erwartet hatte. Warum haben Sie sich schließlich dann doch dazu entschieden, nicht noch einmal als Landratskandi- dat anzutreten? Ich bin 64 Jahre alt, eine Wahlperiode dauert sechs Jahre. Ein Rentner kann diese Zukunftsthe- men nicht glaubwürdig gestalten. Werden Sie weiterhin politisch aktiv bleiben? Nein, ich habe mich mit voller Absicht komplett zurückgezogen. Die Gefahr als ewig gestriger Besserwisser eingeschätzt zu werden, ist zu groß. Gibt es etwas, das Sie Ihrem Nach- folger Albert Gürtner von den Freien Wählern jetzt gerne mit auf den Weg geben würden ? Ich bin vor 24 Jahren in die Kommunalpolitik gegangen, weil ich gesehen habe, wie sich Kommunalpolitiker in ihrem Amt auf Kosten der Steuerzahler bereichert haben, zum Beispiel bei Dienst- fahrzeugen oder Baugrundstücken. Da erwarte ich von meinem Nachfolger eine besondere Vorsicht. Sonst kann nichts passieren. Die Fachleute und die Kom- munalpolitiker kommen, mit wenigen Ausnahmen, mehrheitlich immer auf die richtigen Lösungen - wenn sie fleißig sind. Welche Pläne haben Sie sich für die Zukunft gemacht? Zunächst habe ich wie jeder andere noch 15 Monate zu arbeiten, damit ich rentenfähig bin. Die Zeit will ich nutzen, um die Aktivitäten für hernach zu planen. Ich bin einfach froh, wieder arbeiten zu können. Privat gehe ich gerne in Rock/ Pop -Konzerte. Ich hatte Sommer-Karten für Udo Lindenberg, Kieth Urban und Reinhard Fendrich. Alles ist verschoben. Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr noch besonders? Dass die einjäh- rigen Zwillingsbuben von unserem Sohn in unseremGarten robben und imGarten- teich bei zwei cmWassertiefe plantschen. Herr Wolf, vielen Dank für diese persönlichen Einblicke. Fotos: privat MartinWolf mit der damaligen bayerischenWirtschaftsministerin Ilse Aigner
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