espresso - 06/2020
70 SPORT Schwächt euch der fehlende Fansupport als Team oder könnt ihr das ganz gut wegstecken? Das ist schwer zu beurteilen, aber ich denke, dass sich Vereine mit einem großen Stadion und einer starken Fanszene noch schwerer tun als wir im beschaulichen Ingolstadt. Für uns wird es kein so großer Nachteil sein. Wie ist das bei dir persönlich? “ Ich liebe es, vor Fans zu spielen. Schon als kleiner Junge träumt man immer davon, vor einem ausverkauften Stadion zu agieren. Eine meiner schönsten Partien war deshalb auch das DFB-Pokalspiel ge- gen den 1. FC Nürnberg – das war eine unvergessliche Atmosphäre. Wie siehst du generell eure Chancen? Worauf wird es jetzt ankommen? Es wird wichtig sein, dass wir als Team auftreten. Meiner Meinung nach kommt es nicht so sehr auf die taktische Einstel- lung an oder wer zuhause oder auswärts antritt, sondern auf den größeren Sie- geswillen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit unserem starken Teamspirit positive Ergebnisse erzielen können. Ist die enge Spieltaktung mit den englischen Wochen eher Vor- oder Nachteil für euch? Wir haben sehr gut und enorm hart gearbeitet – ich bin daher überzeugt, dass wir in dieser Hinsicht gegenüber den anderen Vereinen im Vorteil sind. In den ersten drei Spielen müsst ihr gegen den FC Bayern Mün- chen II (7.), SpVgg Unterhaching (3.) und Großaspach (19.) an- treten – was erwartest du? Die Partie gegen Bayern München II wird äußerst spannend. Sie haben viele junge, ta- lentierte Spieler und sind eine fußballerisch sehr gute Mannschaft. Wir werden unsere bekannten Stärken konsequent dagegenset- zen müssen. Gegen Unterhaching erwarte ich ein typisches Derby und bin sehr heiß darauf, gegen sie zu spielen. Großaspach ist nur auf dem Papier ein schwächerer Gegner, denn in dieser Liga kann jeder jeden schla- gen. Dort hatten wir im Hinspiel zunächst Probleme. Alles ist sehr eng und man darf nicht auf die Tabellensituation schauen, son- dern muss jede Begegnung ernst nehmen. Hand aufs Herz - schafft ihr den Aufstieg noch? Auch darauf dürfen wir nicht schauen: Wir müssen von Spiel zu Spiel denken, jede Partie analysieren und die entspre- chenden Schlüsse daraus ziehen – und möglichst die Begegnungen gewinnen. Kommen wir zu dir persönlich: Nach deinem Profidebut am 22. Juli 2019 wurdest du in jedem Spiel einge- setzt – bis zu deiner Verletzung... Für mich war es ein harter Rückschlag, weil es das erste Jahr war, in dem ich bei den Herren eingesetzt wurde. Ich habe gut gespielt, war voll drin – und dann kam der Mittelfußbruch. So etwas kann keiner voraussagen und es wirft einen zunächst schon zurück. Aber ich habe das Beste draus gemacht, körperlich zugelegt und mich zurückgekämpft. Trotz der schweren Verletzung hat es doch „nur“ drei Monate gedauert, bis ich wieder auf dem Platz stand und gezeigt habe, dass ich mein Leistungs- level wieder erreichen kann. Sogar unser neuer Coach Tomas Oral hat gemerkt, dass ich kräftiger geworden bin und mir gesagt, dass mich das weiterbringen wird. Wer hat dir am meisten geholfen? Vor allem war meine Familie immer für mich da, aber auch meine Freunde haben mich sehr unterstützt. Das Trai- nerteam, vor allem mein Athletikcoach, die Physios und die Ärzte waren auch ein wichtiger Rückhalt in dieser Zeit. Du warst gerade wieder auf einem guten Weg zurück ins Team, als dir die Corona-Krise das zweite unverschul- dete Aus in deiner jungen Profikarrie- re bescherte. Wie kommt man gerade als so junger Spieler damit klar? Das war wirklich nicht einfach für mich. Ich habe mir oft vorgestellt, wie alles auch hätte ganz anders laufen können. Aber letztendlich bringt es nichts, alles negativ zu sehen. Die Karten werden nach der Pause neu gemischt - und wer Leistung bringt, wird auch spielen. Wie gehst du im Allgemeinen mit Rückschlägen um – bist du eher ungeduldig oder überwiegt die „Jetzt-erst-recht“-Mentalität? Ich bin auf jeden Fall sehr ungeduldig. “ Ich konnte es kaum erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen. Sowohl nach der Verlet- zung als auch nach den Corona-bedingten Beschränkungen waren die ersten Trainingseinheiten einfach nur toll, da merkt man erst, wie einem der Fußball abgeht – und dass man ihn unbedingt wiederhaben will. Wie bist du persönlich mit dem Lockdown umgegangen? Ich habe mich sehr diszipliniert verhalten, habe meinen Trainingsplan zuhause abge- arbeitet und mich ansonsten abgeschottet. Auch jetzt gehe ich kaum raus und versuche, Kontakte zu vermeiden, wo es nicht unbe- dingt erforderlich ist. Es geht schließlich nicht nur um einen selbst, sondern auch um die Gefährdung seiner Mitmenschen. espresso-Reporterin Sabine Kaczynski mit Patrick Sussek und Sali
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