espresso Mai 2021

ist das Power-Nap. Bei uns im Büro befand sich eine kleine Lounge mit bequemen Sesseln, in der man nachmittags ein Nickerchen machen konnte. Anfangs war ich skeptisch gegenüber der Idee, im Büro zu schlafen, aber als ich es versuchte, stellte ich fest, dass ich mich nach einem Nickerchen viel energievoller fühlte und fing an, es ein paar Mal imMonat zu üben. Elena, vielen Dank für diese spannenden Eindrücke aus dem fernen China und alles Gute für deinen weiteren Weg. 46 LEBEN ESPRESSO: Welche Klischees über China haben sich bewahrheitet? ELENA: Menschenmengen. ImGeschäftsviertel von Peking gab es während der Hauptverkehrs- zeit an der U-Bahn-Station Guomao beim Über- gang von einer U-Bahn-Linie zur anderen einen berühmten Stau von Menschen, in demman leicht 20 bis 30 Minuten stecken bleiben konnte. Der Durchgang, ungefähr 8 Meter breit und mehrere zehn Meter lang, war vollständig mit Menschen gefüllt, so dass jeder stand und weder vorwärts noch rückwärts gehen konnte. ESPRESSO: 2018 bist du nach Changchun gezogen. Wie hast du die Stadt erlebt? ELENA: Mein erster Besuch in Changchun war schon im Jahr 2004, danach war ich auch mehr- mals auf Geschäftsreisen dort. Im Laufe der Jahre hat sich die Stadt sehr zum Positiven verändert. In Gegensatz zu früher ist Changchun jetzt eine moderne chinesische Metropole, in welcher sich auch ein Ausländer sehr gut zu Recht findet. Aufgrund der Partnerschaft zwischen VWund einem chinesischen Automobilunternehmen gibt es in Changchun eine starke deutsche Gemeinschaft – es gibt eine deutsche Bäckerei, mehrere deutsche Restaurants, einen deutschen Kindergarten und das sogenannte deutsche Dorf, in demMitarbeiter deutscher Unternehmen mit ihren Familien zusammenleben. ESPRESSO: Was war der Grund, dass dein Weg dich jetzt nach Ingolstadt geführt hat? ELENA: Mein Mann ist ein Schanzer. Wir haben uns in China kennengelernt und anschlie- ßend im Rahmen eines Urlaubs im Rathaus in Ingolstadt geheiratet. ESPRESSO: Wie unterscheidet sich dein Le- ben hier in Ingolstadt von dem Leben in China? ELENA: Das Leben in Ingolstadt ist viel ruhiger und gelassener als in der 20-Millionen-Metro- pole Peking und der 8-Millionen-Metropole Changchun. Hier fahre ich gerne mit dem Auto, in China habe ich mich nur einmal ans Steuer ge- setzt. Und nicht nur wegen des viel intensiveren Verkehrs, sondern auch wegen der allgegenwärti- gen Verfügbarkeit von Taxis. Ansonsten habe ich in den letzten Jahren in China die Gewohnheit des Bargeldes völlig verloren, aber hier in Ingol- stadt benötigt man Bargeld doch manchmal wie- der, um zum Beispiel für das Parken zu bezahlen. ESPRESSO: Gibt es typische chinesische Angewohnheiten, die du mittlerweile über- nommen hast? ELENA: Viel Tee bei der Arbeit zu trinken. Im chinesischen Büro bereitet man sich zu Beginn des Arbeitstages als erstes einen Becher oder WORK LIFE In Peking arbeitete Elena in der Unternehmensentwick- lung einer Mode-Firma, in Changchun fand sie einen Job in einem Innovations-Lab, das sich auf ausländische Start-ups spezialisiert hat. AUSFLÜGE MIT DEN KOLLEGEN noch besser eine Thermoskanne Tee vor, welche man dann den ganzen Tag trinken kann, wobei man von Zeit zu Zeit kochendes Wasser hinzu- fügt. Meine Kollegen in Changchun haben mir auch beigebracht, je nach Jahreszeit unterschied- lichen Tee zu trinken, im Sommer hellere blumige und grüne Sorten, imWinter stärkere schwarze. Jeder in unserem Büro hatte für alle Anlässe immer mindestens 3-4 Sorten Tee an seinem Ar- beitsplatz. Tee wird übrigens in China normaler- weise ohne Zucker und Zitrone getrunken. Eine andere typische chinesische Gewohnheit 1 Elena feiert ihren Geburtstag im Kreise ihrer Kollegen | 2 Fermentierte Eier, ein Geschenk des Arbeitgebers an Elena 1 2

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