espresso Mai 2021
51 LEBEN V H S - K U R S E Ori Rapa Nui - Tänze der Osterinsel 8. Mai: ausgebucht 9. Mai: Anmeldung möglich ◊ Startdatum unter Vorbehalt (Corona), Anmeldung unter ingolstadt-vhs.de WEIT WEG SABINE ARZ ist in Siebenbürgen geboren und kam als kleines Mädchen nach Ingolstadt Sabine Arz lebte 10 JAHRE auf der Osterinsel. Im espresso-Interview gibt sie einen spannenden Einblick über ihre Zeit am anderen Ende der Welt und erklärt, warum der Inselkoller dem Pandemiekoller gar nicht so unähnlich ist. Frau Arz, nach Ihrem Studium sind Sie auf ein Trainee-Programm auf der Osterinsel gestoßen. Eigentlich wollten Sie nur ein Jahr bleiben, daraus wurden dann allerdings 10 Jahre. Fiel es Ihnen nicht schwer, in Deutsch- land alle Zelte abzubrechen? Es gab kaum Zelte zum Abbrechen – ich hatte fertig studiert und mir noch keine großartigen Anschaffungen, Häuser oder Autos zugelegt, was das Materielle angeht. Ich hatte auch keinen Freund und machte ein komplett unbe- friedigendes, unterirdisch bezahltes Praktikum in München. Ich war nach dem Abitur ein Jahr in Australien und während des Studiums einige Monate in Barcelona und Peru – für mich fühlte es sich daher nicht wie „Zelte abbrechen“ an, da ich ja nur ein Jahr plante. Was sagten Ihre Freunde? Meine damals wie heute sehr gute Freundin Anne musste weinen, als es losging. Ich war total verwundert, da wir beide schon Aus- landsaufenthalte hinter uns hatten. Ich fragte sie: „Warumweinst du denn? Ich komm doch wieder!“ und sie antwortete: „Ja, das glaube ich eben nicht, dass du wiederkommst.“ Sie sollte recht behalten, zumindest für die nächsten 10 Jahre. Hatten Sie einen Kulturschock auf der Osterinsel? Ich war schon irgendwie kulturgeschockt als ich ankam. Aber ich hatte Kulturstudien studiert und war ja auch davor schon im Ausland für längere Zeit – ich wusste also noch vage, dass es auf- und abgeht mit den Gefühlen. Die Insel ist sehr klein und man fällt auf, wenn man neu ist. Damals lebten dort nur etwa 5.000 Menschen. Was hat Ihnen die Eingewöhnung erleichtert bzw. erschwert? Erleichtert hat mir die Eingewöhnung, als ich an- fing in den Sportverein zu gehen - ich hatte auch in Deutschland Handball gespielt und wusste, dass man da immer Anschluss findet. So war es auch, ich ging zum Volleyball, Basketball und zum Tanzen, zumOri Rapa Nui. Außerdem kaufte ich mir einen Roller, so konnte ich einfach die 20 km quer durch die Insel an den Strand fahren - es gibt keine öffentlichen Verkehrmittel und daher war der Roller für mich Freiheit. Erschwert haben mir die Eingewöhnung anfangs sicherlich meine grottenschlechten Spanischkenntnisse. In Peru war ich damit sehr gut durchgekommen, die Peruaner sprechen sehr langsam und deutlich, aber die Chilenen sind quasi die Bayern Südame- rikas - wer von außerhalb kommt, der versteht den Slang oft nicht, und sie sprechen sehr schnell. Wie würden Sie Ihren Lebensalltag auf der Insel beschreiben? Ich habe dort als Tourguide gearbeitet und hatte sehr tolle Kollegen – die auch zu Freunden wur- den. An einem idealen Tag sind wir am Ende der Tour in Anakena am Strand ins Meer gesprungen, um uns zu erfrischen. Vom Trinkgeld haben wir uns Bier und Fleisch gekauft, während die anderen Feuer machten und haben anschließend gegrillt. Manchmal haben wir das sogar schon in der Mittagpause getan, unser Fahrer und Freund Pika hat dann das Fleisch zubereitet, während wir mit den Touristen den Rano Raraku Krater besichtigt haben. Und an einem schlechten Tag? Eine Tour mit 100% strömendem Regen, irgend- wann waren dann auch meine Regenhosen und Regencapes durchgeweicht. Ein typischer Rapa Nui Spruch ist: Hier regnet es nicht von oben, sondern von der Seite und sogar von unten. Das sagt man wegen des starkenWindes. Es kam schon vor, dass man das Wasser aus den Gum- mistiefeln schütten konnte. Zuhause konnte man dann auch nur noch DVDs schauen. Blöd war natürlich, dass es keine Heizung gab, imWinter ist es dann klamm und feucht. In einem Zeitungsartikel sagten Sie, dass fast jeder, der länger auf der Insel lebt, einen Insel- koller bekommt. Gilt das nur für Auswärtige S eit 3 Jahren lebt Sabine Arz wieder in In- golstadt. An der Volkshochschule lehrt sie bald den Ori Rapa Nui - einen Tanz, den sie von der winzigen Pazifikinsel mitgebracht hat. In ihrer Wohnung erinnert immer noch viel an die Insel, sie ist ein Teil von ihr geworden. Dass sie dort einmal 10 Jahre verbringen würde, damit hat sie selbst nicht gerechnet. Eine sehr gute Freundin allerdings umso mehr.
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