Espresso September

56 SPORT satz, aber das war doch noch zu früh. Aus medizini- scher Sicht ist aber alles exakt nach Plan gelaufen. Welche Phasen durchläuft man während dieser Dauer und wie geht man damit um? Anfangs war es schwierig, weil ich nicht wirklich akzeptieren wollte, dass ich nicht in der Lage bin zu trainieren. “ Die Jungs täglich auf demPlatz zu sehen, während ich nicht mal im Kraftraum arbeiten konnte, war schon hart. Aber mit der schnellen Heilung und den guten Fort- schritten habe ich mir über die damit verbundenen Erfolge die Motivation geholt, gut voranzukommen und möglichst schnell wieder einsatzfähig zu sein. Hattest du jemals den Gedanken aufzugeben? Nein, solche Überlegungen habe ich zu keinem Zeitpunkt angestellt. Nur nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen gab es eine kurze Phase, die ein bisschen enttäuschend war: Als das Mannschaftstraining wieder losging, habe ich mich fitter gefühlt, als ich eigentlich war. Das war etwas trügerisch und ich war dann ein bisschen frustriert, dass es doch noch nicht so ging, wie ich mir das er- hofft hatte. Aber wir waren dann alle vernünftig und ich habe es lieber nicht riskiert, schon mitzuwirken. Aber den Gedanken, gar nicht mehr weitermachen zu wollen, hatte ich rückblickend nie. Konntest du während deiner Verletzungs-Pause überhaupt Kontakt zur Mannschaft halten? Das war kein Problem, weil ich die Reha bis auf zwei kurze Unterbrechungen ja hier gemacht habe. Ich war also genauso nah amTeamwie immer. Wer hat dir diese schwere Zeit am meisten erleichtert? In erster Linie haben mich meine Freundin und ihre Familie unterstützt, vor allem in der Anfangszeit, als ich kaummobil war. Aber natürlich hat mir auch meine Familie, auch wenn sie in Berlin lebt, sehr ge- holfen. Die Mannschaft hat ebenso dazu beigetragen und selbstverständlich die Verantwortlichen des Vereins, die mir in dieser Phase eine Vertragsverlän- gerung angeboten haben. Das alles hat mir geholfen, schnell wieder fit zu werden, aber auch nichts zu überstürzen. Haben die Ereignisse der letzten zehn Monate - sowohl deine schwere Verletzung als auch die Corona-Krise - dich persönlich verändert? Ich würde beides voneinander trennen: Schon vor meiner Verletzung war ich sehr körperbewusst, aber jetzt habe ich darüber noch mehr gelernt, beispielsweise wie mein Körper auf Ernährung oder Belastung reagiert. Dadurch habe ich auch eine Men- ge über mich selbst gelernt und schaue jetzt noch mehr auf mich selbst und versuche Trainingsbelas- tung, Regeneration und Psyche richtig einzuteilen, um das Bestmögliche aus mir rauszuholen. Was die Corona-Zeit angeht, sind wir meiner Meinung nach alle bezüglich des täglichen Lebens etwas bewusster geworden, da bilde ich keine Ausnahme. GORDON BÜCH

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