Leseprobe -Landshut die Stadt
Die Burg Trausnitz Wo alles begann Hoch droben auf dem Hofberg, gleichermaßen wachend wie thronend über der Stadt, steht die Burg Trausnitz. Die stattliche Anlage, einst Sitz der hier regierenden Herzöge, strahlt noch immer Wehrhaftigkeit aus und das Selbstbewusstsein der mächtigen Herrscher, das sich gleichsam über die Jahrhunderte in den Stein gesetzt hat. Selbstbewusst war schon Ludwig I., der Kelheimer, der Burg und Stadt, damals beide unter dem Namen Landshut, 1204 gegründet hat. Die Entscheidung ist noch heute nachvollziehbar: Der Bergzug oberhalb des Flusslaufs bietet einen weiten Blick über das Land; die Isar war eine wichtige Verkehrsader, der Ort Knotenpunkt von Militär- und Handels- routen – auch wenn Ludwig nachgeholfen hat, indem er eine bischöfliche Straßburg ein wenig flussaufwärts zerstörte. Ein kluger Schachzug: Landshut, Residenzstadt der niederbayerischen Herzöge, florierte und wuchs schnell – an Wirtschaftskraft, an Einwohnerzahl, an Kultur. Stets im Mittelpunkt, von Machtkämpfen unbeeindruckt, stand die Burg Trausnitz, die diesen Namen erst 1551 bekam: wohl von „Trau es nit – Wage es nicht (anzugreifen)“. Der sprechende Name war gar nicht nötig, die große Bedeutung war klar: Die Trausnitz war eine Stammburg der Wittelsbacher und ist heute die älteste erhaltene Burg der Dynastie. Hier residierten die Herrscher, hier feierten sie, hier stellten sie ihre Macht zur Schau, auch mit zahlreichen An- und Umbauten. Jeder Herzog drückte ihr seinen Stempel auf. Das ist noch heute sichtbar: Von außen wehrhafte Burg im Stil des Mittelalters, offenbart sich beim Betreten des Burghofs eine schlossartige Renaissance-Ansicht mit Arkadengängen. Wer heute über den Wehrgang zur Burg geht, kann sich kaum vorstellen, dass das Areal einst dicht bebaut war. Um die Trausnitz war eine Art Burgdorf entstanden, mit Wirtschafts- und Verwaltungsgebäuden, Räumen für das Gefolge, Lusthäuschen, Irrgärten, Ställen und Tierzwingern. Vieles davon entstand unter Wilhelm V., der ab 1568 Künstler, Musiker und Komödianten in Landshut um sich scharte – und Exotik brachte: Er richtete eine Kunst- und Wunderkammer ein, eine der damals neuartigen fürstlichen Sammlungen, die als Vorläufer heutiger Museen gelten. Inzwischen wurde dort eine solche Kammer wieder für Besucher eingerichtet. Wilhelm V. ließ auch die heute noch berühmte Narrentreppe mit Figuren der Commedia dell’arte gestalten. Das prägende Erscheinungsbild schufen aber die Reichen Herzöge, die Landshut vom späten 14. bis ins frühe 16. Jahrhundert zu voller Blüte brachten und die Burg umfangreich umgestalteten. Besonders eifrig ging Herzog Ludwig der Reiche zu Werke, der 1475 auch die Vermählung seines Sohnes Georg mit der polnischen Königstochter Hedwig so außergewöhnlich prächtig gestaltete, dass sie als Landshuter Hochzeit Eingang in die Chroniken fand. Stets strahlte die Macht der Landshuter Herrscher auf die Stadt aus, zog die Besten an: Die hiesigen Plattner waren weltberühmt, Zeugnisse des regen Kirchenbaus können noch heute bewundert werden, Malerei und Skulptur blühten ebenfalls, viele Kaufleute ließen sich hier nieder. Erst im 17. Jahrhundert nahm die Bedeutung Landshuts ab. Was auch als Glücksfall gewertet werden darf: Weil Geld für Um- und Neubauten fehl- te, ist sehr viel an historischer Substanz erhalten geblieben. Die Landshuter wissen das zu schätzen und sind stolz bedacht, ihre denkmalgeschützte Kulisse zu erhalten. Auch in den beiden Weltkriegen wurde nur wenig zerstört. Vielleicht wacht ja tatsächlich ein Schutzengel über der Stadt? 5
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